Roots
The Court & Spark – Bless You (Glitterhouse)
Der „SF Weekly“ nominierte sie kürzlich für den „Best Americana Band“-Award. Dabei steht das Sextett aus San Francisco nach „Ventura Whites“ mit seinem zweiten Album endgültig über abgedroschenen Etiketten. Querverweise von Mazzy Star bis Sparklehorse mögen erlaubt sein, kratzen aber nur an der Oberfläche dieser kleinen Slow-Mo-Country-Wunder. Zwischendurch schlagen The Court 8C Spark diesmal sogar behändere Töne an: „Rooster Mountain“ erstrahlt wie einige andere Tracks im Pedal-Steel-Leuchtfeuer von Tom Heytnan (Ex-Go To Blazes). „Put on your stockings, put on your shoes, put on your map“, singen M.C. Taylor und Wendy Allen im betörenden „National Lights“. Da konnte nicht mal Gene Parsons widerstehen, der als Gast zu hören ist.
Robert Earl Keen – Gravitational Forces (UMIS)
Sein Heim sei nicht die „Hall Of Fame“, bekundet R.E. Keen gleich zum Auftakt seines zehnten Albums. Kommt drauf an, welche, würde ich sagen. In der Ruhmeshalle texanischer Songwriter hat der Mann aus Bandera längst seinen Platz sicher, irgendwo zwischen Terry Allen und Townes Van Zandt, denen er hier mit „High Plains Jamboree“ bzw. „Snowin‘ On Raton“ ebenso stilsicher Referenz erweist wie Johnny Cash („I Still Miss Someone“). Dieses Format hält Keen auch mit eigenem Material, etwa dem meisterlichen „Not A Drop Of Rain“, auf einem Album, das wohl sein bisher traditionellstes und gewiss eines seiner stimmigsten ist. Der atemlose Storyteller früherer Jahre bleibt dabei leicht auf der Strecke. Vielleicht gibt’s „The Road Goes On Forever“, seine klassische, von Joe Ely popularisierte Räuberpistole um Sherry und Sonny, deshalb als Remake.
Billy Bob Thornton – Private Radio Lost (Highways/UMIS)
Rosa Reizwäsche und der Geist von Merle Haggard – das geht wohl nur bei einem Mann zusammen, der seine Arkansas-Country-Roots schon mal auf Cinemascope-Format aufbläst und dabei eine „Beauty At The Back Door“ (Songtitel) im Visier hat. Dass der als Schauspieler derzeit omnipräsente Thornton („Banditen“, „The Man Who Wasn’t There“) bei seinem Singer/Songwriter-Debüt nicht die Bodenhaftung verliert, dafür sorgt allein schon Buddy Marty Stuart samt Band als Produzent und Co-Autor. Das gespenstische Duett-Date mit Holly Lamar in der „Starlight Lounge“ zettelte aber Dwight Yoakam mit an, der Liebsten „Angelina“ (Jolie) wird ebenso gehuldigt wie – eher überflüssig – den Byrds („He Was A Friend Of Mine“). Da blieb selbst Hank Sr.-Sidekick Don Helms nichts anderes übrig, als noch einmal seine Steel über den „Lost Highway“ wimmern zu lassen.
Phil Lee – You Should Have Known Me Then (Shanachie/Koch)
Ein ebenso merk- wie liebenswürdiger Bastard ist er, dieser langhaarige Hutträger, den man bisher als Sideman von Duane Jarvis und mit seinem Solo-Debüt „The Mighty King Of Laxe“ kennenlernen durfte. Den Rock’n’Roll borgt er sich bei Namensvetter Jerry Lee, die Dosis Dylan kam via Steve Forbert („Babylon“), den Akustik-Blueser („Jemima James“) gibt Lee dabei ebenso gekonnt wie den Country-Balladeer („3 Faces In The Window“), den Soulman („Any Harder Than It Is“), den Solo-Folkie (Titelsong). Prominente Helfer wie Wilco (minus Jeff Tweedy) und die Gast-Stimmen Gillian Welch und AJlison Moorer fallen dabei letztlich weniger ins Gewicht als ein erfahrener Produzent wie Richard Bennett (Steve Earle), der das Stil-Poutpourri unaffektiert zu bündeln weiß. Und ein Songwriter, hinter dessen Witz nicht immer tiefere Wahrheiten warten. Die Suche danach lohnt sich aber nicht nur bei seiner emphatischen Ode auf „Just Some Girl“.