Ry Cooder – The UFO Has Landed
Nach 15 Solo-LPs, fast zwei Dutzend Soundtracks und noch weit mehr Projekten, an denen er von Rising Sons und Captain Beefnearts Debüt über Meilensteine wie „Talking Timbuktu“ bis zu zum letzten Studio-Album von Mavis Staples – als Gastgeber oder Produzent maßgeblich beteiligt war, hätte man bei Rhino Ry Cooders Werk aus über 40 Jahren inzwischen doch mal mit einem voluminösen Box-Set würdigen können. Aber unter der Aufsicht von James Austin durfte sich Cooder Jr. nur überlegen, was er denn auf maximal zwei CDs als Werkschau anbieten möchte. Frust war da programmiert. Es ehrt ihn, dass er fast die Hälfte-16 der 34 Aufnahmen – von den ersten fünf Solo-Platten auswählte. Nur fehlen selbst von denen dann immer noch etliche der allerwichtigsten-und ein paar der virtuosesten Slide-Kabinettstücke aus den 70er Jahren auch.
Dass der Papa immer Blues und Rockabilly-Fan war, legt die Auswahl nahe. Dass er nicht minder firm in Sachen Tex/Mex, in hawaiianischer und der Folklore anderer Länder war, unterschlägt sie praktisch komplett. Diese Auslese deutet immerhin an, wieso sich mehr als ein Kritiker über die Jahre bemüßigt fühlten, im Zusammenhang mit seinen Platten den Begriff „eklektisch“ zu benutzen. Was Cooder wiederum ärgerte, weil da immer gleich auch der andere nämlich geschmäcklerisch – mitschwingt. Und das konnte man von der Art, wie er Traditionais oder auch berühmte Vorlagen gänzlich neu, jederzeit originell und dabei auf die Zeitlosigkeit derselben pochend arrangierte, nun ganz und gar nicht behaupten. Die einzige unveröffentlichte Aufnahme hier —der Wilbert-Harrison-Evergreen „Lets Work Together“, eingespielt mit Buckwheat Zydeco — ist unter diesem Aspekt die vergleichsweise schwächste überhaupt, weil so weit entfernt von der Canned Heat-Version nicht.
Weit genialer war da schon, was er auch aus ziemlich obskuren Vorlagen wie „Every Woman I Know (Crazy ‚Bout Automobiles)“ von Billy „The Kid“ Emerson, Blind Alfred Reeds „How Can A Poor Man Stand Such Times & Live“, „Mexican Divorce“ von den Drifters oder Jimmy Lewis‘ „The Girls From Texas“ machte. Nur fehlen hier letztere drei genauso wie das hinreißende Tex/Mex-Stück „Women Will Rule The World“ mit einem groß aufspielenden Flaco Jimenez.
Von den Solo-Platten von 1979 bis 2008 gibt es gerade mal ein paar wenige Kostproben, weil der Junior unbedingt auch sechs Soundtrack-Arbeiten in dieser Anthologie präsentiert wissen wollte, nur ausgerechnet das von Ry brillant ganz neu arrangierte „Memo From Turner“ mit einem virtuos abgehoben musizierenden Slide-Spezialisten wiederum nicht. Dafür zeichnet sich der „Feelin‘ Bad Blues“ vom „Crossroads“-Soundtrack durch ein ganz famoses Remastering aus — wie diverse Aufnahmen von „Bop Till You Drop“bis „Get Rhythm“ auch.
Cooders knappe, oft lakonische und manchmal auch von eigenwilligem Humor geprägte Kommentare zu jedem Song setzen im Grunde des öfteren als selbstverständlich voraus, dass man mit den Personen und der Geschichte hinter ihnen — und nicht zuletzt auch der Zeit, aus der sie stammen! – schon vertraut ist. Er kann und will halt den Kenner nicht verleugnen.