Scott Walker – Scott, Scott 2, Scott 3, Scott 4

Als die mächtigen Walker Brothers, Beherrscher von Bailaden und Brecher unzähliger Herzen, sich 1967 trennten, hatte sich Bruder Gary längst im Gitarren-Pop psychedelischer Prägung einen Namen gemacht, Bruder Johns Single „Annabella“ war bereits auf dem Sprung in die Charts, nur Bruder Scott ließ auf sich warten. Kein Wunder, er war der Schwierige, der öffentlichkeitsscheue Schweiger, der Existentialist. Und als „Scott „dann endlich da war. im September, und sich Heerscharen von Fans darauf stürzten, war die Bestürzung groß. Keine Grandezza, nichts zum Schwelgen, nichts zum Mitsingen. Stattdessen dunkle, opake Songs aus eigener Feder mit Titeln wie „Montague Terrace (In Blue)“ und verstörende Songs eines Belgiers namens Brei wie „My Death„. In seinen Liner Notes gab sich Keith Altham alle Mühe, des Solisten Kunstanspruch zu vermitteln. „This is the album which Scott called ,My Obsession‘, and it is an LP for which you must open not only your ears but also your heart and your mind“, so seine Bedienungsanleitung, die am Ende Keats als Kronzeugen aufbietet: „Beauty is truth. truth beauty – that is all. That is all ye know on earth, and all ye need to know.“

Keine Frage. „Scott war eine Anstrengung. Und jede Anstrengung wert. Ebenso wie die drei bis 1969 folgenden, nur mit Nummern versehenen Wunderwerke, die auf unerhörte Weise orchestralen, ja barocken Pop mit brutaler Poesie paarten, mit drastischer Songliteratur über Tod und Verzweiflung, über Geschlechtskrankheiten und die Schrecken des Stalinismus. Vier LPs, die eine Entwicklung hin zur Eigenkomposition zeigen, zum Enigmatischen. zum Ambitionierten. Vier LPs. die zusammengehören, die hintereinander gehört noch beklemmender wirken als jede für sich. Vier LPs, die nun in ungebrochener Analog-Reihe wieder vorliegen, hervorragend gemastert, leider jedoch unsauber gepresst. Leichte Verzerrungen trüben den Hörgenuss, ein Fertigungsfehler wohl, den man vom renommierten Reissue-Label 4 Men With Beards nicht gewohnt ist und der hoffentlich bei der nächsten Auflage behoben sein wird. Es ist. als läge ein Fluch auf Scott-Vinyl. Denn auch seine letzte Großtat, die markerschütternde Impression „The Drift“, wurde von 4AD schlimm verknistert. Ein Fiasko, bedenkt man, wie kompromisslos Walker an analogen Klangbildern arbeitet, wie zuwider ihm digitale Asepsis ist.

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