Short cuts

Charlie Watts & Jim Keltner – The Charlie Watts/Jim Keltner Project (Virgin)

Zum „greatest living Englishman“ erkor ihn das Lads-Magazin „Loaded“, und keiner spielt einen Back-Beat mit soviel Swing wie Charlie Watts. Außer vielleicht Jim Keltner. Der pflegte Charlies Stil zu studieren und so lange zu probieren, bis er den berühmten Snare-Aussetzer im Traum beherrschte und die Hi-Hat so präzise verschleppte wie sein Vorbild. Während der Aufnahmen zu „Bridges To Babylon“ taten sich Lehrer und Schüler zum Projekt zusammen, klopften und hämmerten, bis diese elaborierten und experimentellen Percussion-Tracks im Kasten waren. Monster-Grooves und eher impressionistische Hypno-Beats, aufgeladen mit elektronischen Effekten und Ethno-Getrommel. Watts gab den teils lustvollen, teils kopflastigen Stücken die Namen seiner Lieblings-Drummer, „aus dem Gefühl heraus“. So heißen sie nun „Shelly Manne“ oder „Elvin Jones“, „Billy Higgins“ oder „Art Blakey“. Eine Doppel-12inch bietet Remixes von Coldcut und Propellerheads. „They’re great“, sagt Charlie, „l’m very flattered that someone like Propellerhead or Coolcuts, or whatever their names are, want to have a go at diese things.“ Yeah, whatever. 3,0

Hepcat – Push ‚N Shove (Epitaph)

Was das Überangebot von Proll-Ska, fadenscheinigem Rasta-Gebolze und seichtem Novelty-Reggae gern vergessen macht: Blue Beat muss auch heute nicht blöd sein. Hepcat, ein Septett aus Los Angeles, tritt auf „Push ‚N Shove“ den schlüssigen, allzu lange vermissten Beweis an. Sensuelle Skank-Rhythmik, Rocksteady-Finessen, sanft synkopiertes Karibik-Schunkeln, Two-Tone-Tanzwut, West-Coast-Soul, all dies und mehr zelebrieren Hepcat mit viel Liebe zum Detail. Ab hätte man die Skatalites versetzt, vom Jamaica der Sixties ins L.A. der Gegenwart. Sogar Brenton Woods „Gimme Little Sign“ erstrahlt in neuem Glanz. Beachtlich. 3,5

Glen Matlock & The Philistines – OpenMmd (Peppermint)

Einst bei den Pistols Punk wider Willen, macht Madock seklier, was ihm mehr am Herzen liegt: Schludrigen, aber robusten und energetischen Pop zwischen Pub-Rock und burschikosem Beat. Leider immer einen Tick zu nassforsch, nicht selten zu formelhaft. So ist der Refrain von „Ducking And Diving“ ein nur ungenügend kaschierter Abklatsch von „Tossing And Turning“, mit dem The Ivy League im Sommer 1965 die UK-Top-Ten zierten. Es gastieren Ex-Clash-Guitar-Hero Mick Jones und Snatoh-Schnalle Patti Palladin. Kein Wunder, dass es etwas streng nach 1978 muffelt. 2,0

Kevin Montgomery & Pettibone – Another Long Story (Road Trip)

Die Gitarren zu „Let’s All Go To California“ ahmen Crazy Horse nach, doch treffen sie nicht ins Mark. Zu höflich wie die ganze Platte. „I wish I were blind when I see you with your man“, so singt Montgomery Bruce Springsteens von Eifersucht zerfressene Zeile, doch ist da kein Leid zu spüren, keine Entsagen, nicht einmal Bedauern. Die Sorte Country, die durch Datenreduktion nicht verliert, weil sie nie vibriert hat Bestens geeignet mithin für Menschen, die sich Musik per Mini-Disc verabreichen. Oder heruntergeladen, von der Festplatte. 1,5

The Unconscious Collective – Weather Of Ihe Future (Pearls For Swine)

Süd-Londons Hyper-Eklektiker mit ihrem Debüt-Album. Rootsige Harmonica-Passagen wechseln mit lyrischem Tastenspiel zu kapriziösen Harmonies, Dub-Wummern mit klobigen Riffs. So clever wie Beck, so organisch wie Gomez, so eingängig wie die Beta Band. Und so obskur wie der dritte Mond des Jupiter. Noch. 3,0

Peter Frampton – Live In Detroit(SPV)

Ist einer der komischen Höhepunkte im Frears-Film „High Fidelity“, als Rob Gordon aus dem Club, den zu betreten er sich anschickt, allzu vertraute Töne entgegenschlagen. „Show Me The Way , gesäuselt. „It’s not fuckin Peter Frampton?“, wendet sich Rob entsetzt an den Türsteher, dessen so bestätigender wie betrübter Blick Bände spricht Gordon bleibt keine Wahl, er muss da durch. Wir nicht unbedingt. Obwohl es Übleres gibt, als Frampers live über sich ergehen zu lassen. 1,5

Scott Holt – Dark Of The Night (Mystic/Inakustik)

Muckiger Blues-Rock, doch nicht ohne Meriten. Holt ist Mitte 30, stammt aus Tennessee und hat seine Sporen in Buddy Guys Touring Band verdient Das Vokabular des Blues-Idioms erweitert auch er um keinen Buchstaben. Dazu folgt seine Gitarre zu sklavisch den Vorbildern, ist seine Stimme zu ausdrucksarm. Die Songauswahl jedoch ist inspiriert, und ein paar von Holts Versionen lohnen das Hinhören. Der Hendrix-Heuler „Crosstown Traffic“ etwa und der pantheistische Bob-Gospel „You Gotta Serve Somebody“. 2,5

Bernard Allison – Across The Water (Tone-Cool/Ruf

Mehr Blues, noch vitaler, noch fulminanter. Okay, Luthers Sohn tendiert wie fast alle Gitarristen seiner Generation dazu, zwei Töne zu spielen, wo einer mehr gesagt hätte. Doch verliert sich Allison Junior nur ausnahmsweise in Dudelei. Dafür lässt er sich des öfteren beim Klauen erwischen. Oder formulieren wir es diplomatischer: Das Riff-Intro des Title-Tracks ist dem von „Manie Depression“ aus dem Repertoire der Jimi Hendrix Experience nicht unähnlich. Ehrenrührig ist das freilich nicht. Der Blues ist wie eine Kuh. Erst das gründliche Wiederkäuen garantiert gute Milch. 3,0

Tony Hadley – Obsession (Almafame/Zomba)

Der Stenz von Spandau Ballet hat, nachdem ja seine Klage gegen Gary Kemp vom Kadi abgewiesen wurde, eine Tour unternommen. Live in Birmingham entstanden, erweist sich „Obsession“ als erfreuliche Überraschung. Hadley lässt Spandau-Songs außen vor, arbeitet sich an fremdem Hit-Material ab und macht dabei keine schlechte Figur in der Rolle des Cabaret-Crooners. Smarter als Engelbert, nicht so schmierig und so schwitzig wie der lahme Tiger Tom Jones. 2,0

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