Short cuts
Ski Oakenfull – Life Changes (Epic/Sony Music)
Ski Oakenfull spielte die Keyboards bei Galliano, produzierte Incognito, remixte Herbie Hancock. Auf seinem ersten Solo-Album erinnert nur noch die Orgel in der Single „Fifths“ an seine Add-Jazz-Wurzeln. Ansonsten verbindet er dezente Techno-Beats mit Disco-Elementen und House in Tracks wie „Soul Vibrations“ und „Where Did The Love Go“ zu treibende Dancefloor-Feger. Verfeinerte Klassik. 3,0
The Pharcyde – Plain Rap (Four Music/Sony)
In den Neunzigern haben sie mit De La Soul und A Tribe Called Quest getourt, das Video zu ihrer Single „Drop“ wurde vom „Being John Malkovich“-Regisseur Spike Jonze gedreht Mit ihrem dritten Album sind sie nun aus Los Angeles in Stuttgart gelandet beim Label der Fanta Vier, das sich immer stärker einem ausländischen Next-School-Sound zu verpflichten scheint. Vom Quartett zum Duo geschrumpft, rappen sie zu funkig-elastischen Beats und warmen, jazzigen Melodien. Fein und klassisch auch dies. 3,0
Flowin Immo – Terra (Groove Attack)
„Freakcave Sound“ nennt der Bremer seine Musik zu Recht. Seit Jahren als Gastrapper durch die deutsche Szene gezogen, legt er nun ein eigentümliches Solo-Debüt vor, das zwar Reggae oder Disco wie eine Parodie zu verwursten scheint, aber ungemein groovy und gewitzt ist. Manchmal klingt der Sprechgesang des Zungenakrobaten wie die Stimme von Louis Armstrong. 3,5
D-Flame – Basstard (Mercury)
Der Glatzkopf mit dem Goldzahn ist seit mindestens zehn Jahren das Aushängeschild einer Frankfurter Underground-Szene, die von Moses Ps Rödelheimer Erfolgsblock noch mehr an den Rand gedrängt worden ist. Längst hat der Rapper der Asiatic Warriors seine musikalische Heimat im Hamburger Eimsbush-Studio der Absoluten Beginner gefunden, weshalb auch Eißfeld und Dynamite Deluxe bei seiner ersten Solo-Platte auftreten. Der Sound bleibt typisch Frankfurt: harte Bässe, düsteres Pathos, aber auch famoser Raggamuffin. Klasse Kracher: „Daddy Groove“ mit Eizi Eiz. 3,0
Gary Numan – Pure (Eagle Rock/Edel)
Ihn gibt es also auch noch, den Londoner Garagen-Elektro-Punk aus den Achtzigern. In den Neunzigern dann am Tiefpunkt angelangt, wird er derzeit von Nine Inch Nails und Marilyn Manson als Ikone hofiert. Auf seinem neuen Album greift er noch mal in die Dunkelkiste, lässt er wieder die Elektronik rattern und schnarren, singt er zu Kirchenläuten beseelt den inneren Horror. Prächtig schaurig. 3,5
Scumbucket – Sinistra (Nois-O-Lution)
Neben deutschen Alternative Rock-Bands wie Liquido oder Scycs werden Scumbucket diesem Genre tatsächlich gerecht Ihr 98er Album „Batuu“ wurde von der Noise-Fraktion als nationale Hoffnung bejubelt. Auf dem neuen Album lärmen sie wieder mit sämigen bis verzerrten Gitarren zu melancholischen Melodien. Sonic Youth und, klar, Nirvana und so. In dieser Form aber ja auch schon wieder aus der Zeit. 2,5
Kelly Price – Mirror Mirror (Def Jam)
Neben den jungen Klangstürmerinnen wie Kelis und Macy Gray oder Diven wie Lil’Kim wirkt Kelly Price bereits wie eine altmodische Dame. Geschmackvoller und mondäner R&B, inbrünstig intoniert und perfekt produziert, aber eben so, wie man es seit Ende der Achtziger zur Genüge hören musste. Immer noch gut als Klangtapete in Boutiquen oder für Typen, die kitschig veranlagte Mädels bei Rotwein und Kerzenschein rumkriegen wollen, 2,0
Den Baron – The Soundtrack Of My Life (Apricot)
Das Wiesbadener Apricot-Label, das uns bereits die süperben Spearmint geschenkt hat, präsentiert nun Den Baron. Der Reisende in Sachen Musik offeriert 14 teils skizzenhafte, mal verhuschte, mal euphorisierende Pop-Miniaturen, die im Songwriting zwischen den Smiths und den Beatles pendeln. Das Sympathischste an Baron ist nicht nur der Vier-Spur-Charme, sondern auch seine herrlich dilettantische Art, zu singen. Ein Song heißt „Being The Last One To Deliver A Song For A Compilation“: Das ist auch noch keinem eingefallen. 3,5
Geschmeido – Same Same (Community/Virgin)
Obwohl im Zuge der deutschsprachigen Indie-Pop-Bewegung einige Bands zu Recht bereits wieder das Zeitliche gesegnet haben – bekannt geworden waren Geschmeido, deren Mitglieder aus Stuttgart und Freiburg kommen, in ihrer leisetreterischen Art wider Erwarten. Denn auch wenn es ein alter Hut sein sollte, führt doch kein Weg daran vorbei: Geschmeido klingen tatsächlich immer noch wie die deutsche Ausgabe von The Sea And Cake. Wurde auf dem Vorgänger „Zwischen den Mahlzeiten“ von 1999 wenigstens ab und an ordentlich gerockt, hätte dem neuen Album etwas Abwechslung gut getan. So klingt es, als wolle man bloß niemandem weh tun. Jungs, geht mal wieder aus euch raus! 2,5
Tomtee – Eine sonnige Nacht (Indigo)
Das Hamburger Trio Tomte zeigt sich auf seinem zweiten Longplayer „Eine sonnige Nacht“ deutlich gereift: Immer noch beherrschen sie den gekonnten Spagat zwischen Punk und Pop, und in „Die Nacht in der ich starb“ werden gar sehr ruhige Töne angeschlagen. Eine Fundgrube für irgendwie Eingeweihte bietet das Album auch noch: Sänger und Gitarrist Thees ist nebenberuflich Backliner bei Tocotronic. Zudem gibt es feine Aphorismen: „Das Leben ist so hart, es sollte ein Job sein. Man sollte Geld dafür bekommen.“ 3,0
Joe Pernice – Big Tobacco (Glitterhouse)
Den Eastcoast-Eremiten Joe Pernice kennt mancher schon als Sänger der Scud Mountain Boys und der Pernice Brothers. Auf seinem ersten Solo-Album unterstreicht er eindrucksvoll Bekanntes: Pernice spielt als Songwriter in einer Liga mit Will Oldham, Robin Proper-Sheppard (The May Queens) und Mark Kozelek (Red House Painters). Immer wieder aufs Neue schön. 3,5