Short cuts
Edith Frost
Wonder Wonder
(DRAG CITY/ IMPORT)
Ihre Fotos weisen Edith Frost als Reh aus, als Zimperliese. Doch wohnt den ätherisch-wundersamen Songs dieser Frau eine dunkle, skrupulöse Seite inne, die den Hörer in einen Mikrokosmos intimer Träume und Phobien zieht und dort gefangenhält „Wonder Wonder“ erweist sich als Synthese ihres auratischen Debüt-Albums „Calting Over Time“ und des zart-elektronischen Nachfolgers „Telescopic“, versammelt aber genug Charakter und Charme, um sich dauerhaft einzunisten im musikalischen Gedächtnis. Besonders das sanfte Orgel-Delirium „Merry Go Round“ und das Seelentiefen auslotende „Fear“ entfalten ein merkwürdig subversives Eigenleben. Einzig störender Track ist „Cars And Parties“, eine untypisch burschikose Reminiszenz an Kindheitstage in Texas. 4,0
The Tyde Once (ORANGE SKY/IMPORT)
Ableger-Band der Westcoast-Traditionalisten Beachwood Sparks, ohne deren perfektionistische Opulenz, jedoch mit derselben Hingabe an die Songstrukturen und Soundsignaturen der späten Sechziger. „We have a way of our own“, singt Songschreiber Darren Rademaker. Na schön. California dreamin’again. 3,5
The Psychedehc Cowboys
Tragic Songs And Hop-A-Longs
(TAXIM/TIS)
Schwer zu glauben, dass sich ernsthafte Musiker mit einem solchen Moniker schmücken. Heutzutage. Müssen wohl Witzbolde sein. Kleinkünstler womöglich, unterste Schublade. Doch dann legt man die LP auf und muss erkennen: Diesen Jungs liegt nichts ferner, als Gram Parsons zu ironisieren. „Thagic Songs And Hop-A-Longs“ ist kein Sakrileg, sondern eine Offenbarung. Cosmic Americana! Auf den Schwingen von Songs, die John Harlan nicht nur handwerklich denen der Byrds und Burritos nachgebildet hat, nein, er trifft auch ihr Wesen sehr genau, und das Quintett aus LA spielt dazu Töne, die passen wie Shrink-to-fit-Jeans nach einem heißen Bad. Dies ist keine blasse Nostalgie, dies ist tätige Kulturkritik. JLook what’s going down“, diagnostizieren die Psych-Cowboys, „God-awful sights and sounds.“ Und offerieren diese wunderbare Platte als Therapie, mit Musik, die im beste Sinne transzendiert. Chris Darrow und Jay Dee Maness gastieren, im Epilog wird der „California Country Scene“ Tribut gezollt (und Yoakam falsch buchstabiert), im Honky-Tonk-Himmel schmunzelt GP. 4,0
The Coa Porters
The Chris Hillman Tribute Concerts
(PRIMA/GLITTERHOUSE)
Vom Visionär zum ewigen Sideman, wiewohl Chris Hillmans Beitrag zur Musikhistorie nur von Ignoranten geringgeschätzt wird. Sid Griffin nahm den 55. Geburtstag des sträflich Unterbewerteten zum Anlass, an seine vielfachen Verdienste zu erinnern. Indem er ein paar exquisite Hiilman-Songs covert, darunter „Draft Morning“ und „Time Between“, sowie einige Kompositionen, die der Jubilar einst einem größeren Publikum nahebrachte. Streng akustisch diesmal in Bluegrass-inspirierten Arrangements. Hillman wird die Geste zu schätzen wissen, menschlich sowieso, aber auch musikalisch. Der Mann kommt schließlich vom Bluegrass. Ein gutes Werk.3,0
Proud Mary The Same Old Blues (SOUR MASH/SONY HUSIC)
Eine Brit-Band, die transatlantischen Roots-Rock internalisiert hat, sich nach einem Creedence-Classic nennt, die Stones covert („Salt Of The Earth“) und von Noel Gallagher produziert wird, muss wohl polarisieren. Manna, meinen die einen. Gestriger Müll, giften die anderen. Beides ist gleichermaßen dumm, weil musikideologisch. Tatsächlich birgt „The Same Old Blues“
ein paar formidable Songs und zwei recht fade, einiges ist entlehnt („Don’t It AU Look Ugly“ etwa bei „Moonlight Mile“), anderes lässt hoffen, dass die Band schon noch eine eigene Handschrift finden wird. 3,0
Boz Scaggs
Dia (virgin)
Sieben Jahre nach seinem letzten Longplayer rafft sich Scaggs wieder zu einer seiner sorgsam elaborierten, bemühten Übungen in Mühelosigkeit auf. Was da so schrecklich entspannt vor sich hinplätschert zwischen Pop-Balladen, samtenem R & B und pastellenen Jazz-Kolorationen, ist das Ergebnis harter Arbeit. „We’re all veteran analog guys“, erklärt Boz Scaggs, „but we also know our way around die digital world.“ Und als ob es dafür keinen blöderen Nachweis gäbe, unterlegt er die klinische Asepsis von „Sarah“ mit dem Rauschen einer kaputten Platte. Anderswo gibt’s Verdauungs-Funk und Cocktail-SouL Danny Kortchmar gibt den J.J. Cale mal auf Valium (ein Kunststück!), und Scaggs singt gewohnt verschlafen, äh, will sagen: relaxt und mit Seele.2,0
John Waite
Fiqure In A Landscape
(GOLD CIRC1E/INAKUSTIK)
Schon seine Erfolgsband The Babys war zahnlos, Waites Solo-Alben (dies ist immerhin sein siebtes) sogar für Sting-Fans zu ereignislos. Poprock: So heißt landläufig das Genre, in dem John Waite zu Hause ist und wo Platten wie diese ein Zuhause finden. Jetzt das Rabattgesetz nutzen, Poprocker! 1,5