Short Cuts

LeTigre

Feminist Sweepstakes

(CHICKS ON SPEED/EFA1

Niedlichkeit muss bekämpft werden. Das gelang der Riot-Feministin Kathleen Hanna schon bei Bikini Kill, die man noch wie eine Rockband hören konnte. Mit der Casio-Punk-Schwesternschaft Le Tigre hat sie nun alle Hierarchien abgebaut, alle Kunstfertigkeit, alles Hymnenhafte. Die Debütplatte war hohe Trash-Kunst, auf „Feminist Sweepstakes“geht es nur noch um die richtigen Bücher, Standpunkte, Demo-Besuche. Motto: Alles muss raus. Die anti-maskuline Antwort aufNu Metal, deshalb nicht besser. 2,0

Stereo Total

Musique Automatique

(BUNGALOW/LABELS)

Niedlichkeit muss bewahrt werden. Das komische Duo Francoise Cactus und Brezel Göring ist schon zu lange dabei, als dass man seine Bauklötzchen-Version von Euro Disco noch für wahrhaft arglos halten könnte. Die taktisch kluge vierte Platte: einige Cover-Versionen aus Wave und Chanson, Kinderlieder für Erwachsene, frankophone tearjerker. Unnütze Albernheiten und die letzte große Unschuld des Synthie-Pop. 3,0

Hobbypop

The Music Bastel Box

(THE C A M PFI R E )

Drei verkrachte Uni-Existenzen aus Heidelberg mit einer Privatproduktion, das klingt fatal und ist tatsächlich eine erfreulich unsentimentale Pop-Platte über die kleine Welt des Twentysomethings. Außerdem haben Hobbypop wundervolle Gitarren und E-Pianos, einen Bossa Nova und mehrere gute Film-Dialoge. Geschmackliche Grenzwertigkeiten in den Texten egalisieren sie mit dem Metal-Pimpf-Drama „Eine Jugend in den 80ern“. Suck on this, Florian Illies! (über www. audioagency. com/campfire) 3,5

Die Aeronauten

Boheme Pas De Probleme

(MAKE UP/EFA)

Früher waren die Schweizer Aeronauten fast The Jam, nun sind sie Style Council. Ratlos schwelgt die Band in Exotismen, testet Dekadenz und Weltflucht als Antworten auf das moderne Leben. Mit einigen schlauen Ergebnissen, aber insgesamt betulich und gewollt. 2,5 The (International) Noise Conspiracy A New Morninq, Changing Weather (BURNING HEAfiT/EPITAPH) Die antikapitalistische Aktions-Brigade verteilt ihr neues Pamphlet. Mit subversiven Literaturtipps füllen die Schweden zum Glück nur das Cover, während die Musik vom sendungsbewussten Toben weit nach vorn geprügelt wird: Garagen-Trash mit fieser Farfisa-Orgel, die MC 5 als Globalisierungsgegner. Angenehm ungemütlich, mit dem Hit „Capitalism Stole My Virginity“.3,0

Lombego Surfers

Füll Tank OfTiki (flighi 13) Den Absturz-Kneipen und Jugendhäusern, durch die die Schweizer Lombego Surfers seit zehn Jahren teuren, liefern sie wieder eine Platte für die Theken-Beschallung. Ihren Punkrock der vierten Generation durchfräsen sie mit instrumentalem Heavy-Surf, der all die versprengten Riffe zusammenbringt, die eigentlich zusammengehören. 2,5

Künstler Treu

My Sketchbook OfWhack (ELEGANZ/NEUTON) Im Duo Dauerhsch spielte der Künstler spannenden Cut-and-Paste-Pop, alleine scheitert er an der Benutzerfreundlichkeit seines Samplers: Alles verfügbar, also anythinggoes. Eher belanglose Lounge-Musik. 2,0

Iron Curtain Revisited

(CRIPPLED DICK HOT WAX/EFA) Rollkragige Ostblock-Altjazzer namens Zbigniew Namyslowsky oder Gustav Brom inspirieren neuzeitliche Qub-Beat-Dopeheads (Les Gammas, OrbitExperience, Maxwell Implosion) zu Remakes. Bunt, sinnlich, im guten Sinne cool. 3,5 Victor Davies Victor Davies (JAZZANOVACOMPOST) Hier wird jeder gestreichelt: die Trommeln, die Gitarrensaiten, sogar die Querflöte. Ätherisch verträumt singt Victor Davies, ein junger Alleskönner aus London, elf swingende Latin-Jazz-Petitessen, zu denen Dancefloor-Profis offenbar gern den Chill-Out-Cocktail nehmen. Alles stimmt, trotzdem entwickelt Davies erstaunlich wenig speziellen Charme. 3,0

Meret Becker

Fragiles (Philips classics) Hier fallt die oft schwere Unterscheidung zwischen Kunst und Kunst-Kacke mal leicht: VCfenn die beliebte Björk-Imitatorin Meret Becker Texte vom Rande der Verwirrtheit zwitschert, begleitet von einer knarrenden Theatermusik, kriegt man arge Lust auf ein gutes Buch. 1,5

Starlight Mints

The Dream That Stuff Was Made Of

(SEETHRU/PIAS)

Ein beängstigend gegenständlicher LSD-Albtraum, in Szene gesetzt mit den Mitteln einer Beat-Band. Zwischen den Gitarren der Starlight Mints aus Oklahoma hört man quietschende Geigen und das Wispern großer mechanischer Insekten. Wie die Fläming Lips, bevor sie in die Landschaftsmalerei gingen. 3,5

Everything You Always Wanted To Know About Twisten Nerve

(TWISTED NERVE/PIAS) Das Label mit dem Handschuh-Häschen hat Badly Drawn Boy für seine frühen Sdiuhkarton-EPs gegründet Die Werkschau mit zehn Künstlern bringt schlurfigen Pop (Alfie), Post-Rock, irre Elektronik, liebevolle Detailarbeiten. Ein Auge drauf.4,0

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