SHORT CUTS
Kathryn Williams Crown Electric ****
Noch eine schöne Platte (es ist schon die zehnte) von der Songschreiberin und Sängerin Kathryn Williams. Sie hat einen ganz eigenen Blick auf den britischen Folk und ornamentiert ihre freundlich-warmherzigen, aber auch verschwiegenen Lieder mit pointierten Streicherarrangements, die an Nick Drake erinnern.(One Little Indian)
Okkervil River The Silver Gymnasium ***
Wenn eine Band die Order ausgibt, das Publikum stärker erreichen zu wollen, ist meist Vorsicht geboten. Okkervil-River-Chef Will Sheff hat genau das getan und sich damit musikalische Gefälligkeit verordnet. „The Silver Gymnasium“ ist eine Reminiszenz an die Rockmusik in Sheffs Jugend, an John Mellencamp, Tom Petty und Bob Seger. (Pias/Cooperative)
Deer Tick Negativity ***1/2
Auch auf ihrem fünften Album hört man der Band aus Providence, Long Island, ihre Herkunft nicht an. Zutiefst amerikanisch sind sie, aber „Negativity“ klingt wie bekiffter Southern-Rock oder eine Jahrmarktversion der Allman Brothers Band. Dazu singt John McCauley mit jenem feurigen Knattern, in dem Wut und Pathos verschmelzen. (Partisan/Rough Trade)
Califone Stitches **1/2
Nicht immer, wenn klassische Songstrukturen aufgedröselt werden, entsteht gleich große Kunst. Califone aus Chicago bauen sich ein Tipi aus Roots-Rock-Zitaten, Folk-Anleihen und Filmscores. Das funktioniert in überarrangierten Stücken wie „Frosted Tips“, wird aber oft zu bloßer Tüftelei. (Dead Oceans)
Hannah Georgas Hannah Georgas ***
Die kanadische Songschreiberin mag es konzise, hat ihre Stimme allerdings nicht immer ganz im Griff. „Somebody“ ist ein kleiner Höhepunkt, zarter Folkpop, der sich langsam ins Unterbewusstsein fräst. Der Rest der Songs schlurft dagegen eher ziellos, manchmal aber auch charmant vor sich hin – und stolpert bisweilen über putziges Elektrogeblubber. (Dine Alone/Soulfood)
Yoyoyo Acapulco YYY ACA ***
Von Lo-Fi-Folk mit Ukulele und verpeiltem Gesang hatten wir ja in den vergangenen Jahren genug, mag man beim neuen Album der Norweger mit dem beknackten Bandnamen denken. Aber dann kriegen sie einen doch rum, zum Beispiel mit dem lustigen Rache-Stück „Silly Girl“ oder dem in seiner herrlichen Blödelei an Belle & Sebastian erinnernden „San Fran!“. (BB Island/Cargo)
Filthy Boy Smile That Won’t Go Down ***
Südlondoner Youngsters mit einem ultrabritischen Album zwischen klassischem 80s-Brit-Pop und den Arctic Monkeys sowie etwas Dunklem, Makabren, das eher an Nick Cave geschult ist. Sänger Paraic Morrissey singt mit abgeklärtem, supercoolem Bariton, die Band schwankt und stolpert halbstark durch schwarzweiße, ungeschönt realistische Klangkulissen.(Stranger/Indigo)
Au Revoir Simone Move In Spectrums ***1/2
Dass Elektro-Pop nicht zwangsläufig in Waldhorn-Esoterik zerfasern muss, beweist das New Yorker Trio auf seinem lange erwarteten vierten Album. „Just Like A Tree“ kombiniert den kühlen Sensibilismus einer Suzanne Vega mit Pink-Floyd-Synthesizern, „Gravitation“ schmiegt sich mit verquerer Orgel lasziv an wummernde Beats.(Moshi Moshi/Cooperative)
Sara Bareilles The Blessed Unrest ***
Die Sängerin und Pianistin Sara Bareilles ist im Mainstream angekommen, doch sie richtet sich dort so ein, wie es ihr gefällt. Auf diesem dritten Werk singt sie Lieder mit einiger Tiefe, die sich trotz der modernen, reich ornamentierten Sounds einem oberflächlichen Zugriff verweigern. Stolz, selbstsicher, inwendig, intuitiv. (Sony)
Gloria Gloria ***
Ein Duo, mit dem tatsächlich zu rechnen ist: TV-Moderator Klaas Heufer-Umlauf und Wir-sind-Helden-Gitarrist Mark Tavassol überraschen mit einem angenehm zurückgenommenen, melancholisch-inwendigen Neue-deutsche-Popalbum. Kein Halligalli -aber ernsthaft schöne Musik.(Grönland)
Young Rebel Set Crocodile ***1/2
Drittes Werk des GHvC-Acts aus dem UK. Sehnsüchtig torkelnder, großherziger Folkrock, toll produziert von Paul Savage (Arab Strab, Mogwai). YRS haben einen sehr vitalen, aufrichtigen Sound entwickelt, der ihre grundsympathischen Lieder jubeln und schmachten lässt.(Grand Hotel van Cleef)
Steve Cradock Travel Wild – Travel Free ***1/2
Cradock, Gitarrist bei Ocean Colour Scene, Paul Weller und Amy Macdonald, mit einem Psych-und Brit-Pop-Album voller Verweise auf die Beatles und die Byrds. Ihm gelingt ein sehr charakterstarkes Sounddesign aus zirpenden Jingle-Jangle-Gitarren und sphärischen Synthie-Sounds.(Proper)
Willard Grant Conspiracy Ghost Republic ***
Robert Fisher und David Michael Curry mit Songs, die aus einer Gedichtsammlung über eine Geisterstadt in der Sierra Nevada entstanden. Fisher singt zur akustischen Gitarre wüstenverwehte, meditative Lieder, die Curry auch mal mit einer flehenden Viola umspielt. (Loose/Rough Trade)
Everlast The Life Acoustic **1/2
Erik Schrody alias Everlast mit eigenen Evergreens (u. a. „Black Jesus“ und House Of Pains „Jump Around“) in Akustikversionen – von etwas Beiwerk abgesehen, hört man nur eine kräftig geschlagene Gitarre und die gutturale Bluesstimme.(Long Branch)
Ben Taylor Listening **1/2
Der Sohn von James Taylor und Carly Simon geht auf seinem vierten Werk auf eine Reise durch allerlei US-Stile vom Brill-Building-Pop über Gospel und Soul bis zu Americana und Country. Das Bindeglied des sehr weit gespreizten Repertoires sind die edle Produktion und Taylors entspannte, angenehm schmeichelnde Stimme. (V2/H’Art)
Sharron Levy Rough Ready *1/2
Bei „The Voice of Germany“ mochte man Sharron Levy wegen ihrer eigenwilligen Persönlichkeit und ihrem Energielevel – Attribute, die auch das Album der Sängerin aus Haifa prägen. Levys Band spielt muskulös, die Gitarren braten links und rechts, dazu singt sie Poprock-Songs mit kämpferischer Leidenschaft zwischen Melissa Etheridge, Pink und Joan Jett. (Laugh &Peas)