SHORT CUTS Amene :: Touch
Kühl kalkuliert ist alles, was heute als Rhythm & Blues firmiert und besser Rhythm & Pop hieße, vom Radioformat-spezifischen Mix bis zum durchchoreographierten Video-Gehopse. Kein Raum für kreative Spontaneität, weshalb alles tendentiell gleich klingt, unterscheidbar allenfalls nach zielgruppenorientierter Ausrichtung auf gewisse Marktsegmente. So wurde Ameries Appeal für ihre zweite LP umgestellt von süß-sanft auf sexy-sinnlich, von Pumps auf Boots, von artigem Flirt auf heiße, schwitzige Avancen. Eine Verwandlung, die bestens funktioniert, weil Amerie alles dafür mitbringt: Schönheit, Stimme und den Ehrgeiz, Beyonce den Rang abzulaufen. Nicht alles hier ist so geschmeidig wie die Single „1 Thing“, verführerisch schon. (Sony BMG) 3,5 Alfie Crymg At Teatime Manchesters Folkpop-Leisetreter von ehedem haben ihre Scheu abgelegt und bemühen hymnische Heerscharen, epische Melodiebögen, floydianischen Ernst und Sommer-der-Liebe-Streicher, um ihre nordenglisch-pastoralen, naiv philosophierenden Songs aufzuladen. Donovan beim Sandalgazing, Paul McCartney bekifft: In Lee Gordons Gesang konvergieren Beschaulichkeit und Bewußtseinserweiterung zu reiner Rührung. Was immerhin den LP-Titel erklärt. (Regal/EMI) 1/2
Petra Jean Phillipson Notes On: Love
Moll-Akkorde, minimalistische Arrangements aus Akustik-Gitarren, gespenstischem orgeln, an singende Sägen gemahnendes Sirren und Phillipsons nur schembar fragile Stimme bilden den Rahmen für solipsistische Songgemälde, deren Bilder betören und denen doch keine Botschaft innewohnt, außer: Wir sind Gefangene unserer Sehnsüchte. „I wanna taste the milk of human kindness“, kündet sie, „I wanna have a penis for a day.“ Ein Exzerpt aus der kleinen Utopie titels „I Want The Impossible“. Ihre Gefühlswelt sei so, gesteht die Songstress aus der Grafschaft Kent, extrem und ehrlich, düster und nicht eben hoffnungsfroh. Bonnie „Princess“ Jeanny. (Grönland/Virgin) 4,0 Delbert McCIinton
Cost Of Living
Der Werbesticker auf dem Plattencover bringt es auf den Punkt: „Obliterates any distinction between Blues, Rock’n’Roll, Soul and Country Music“. Stil-Spezifika lösen sich auf, wenn der bald 65jährige Interpret vokalistisch zulangt. Was bleibt, ist eine rootsige Melange texanischer Prägung noch immer ungemein vital. Jimmy Reeds Liebesschwur „l’ll Change My Style“ klang lange nicht mehr so ergeben. (Blue Rose) 3,0 Dave Matthews Band Stand Up Sie bedienen die Bedürfnisse derer, die ein gemeinschaftliches Musikerlebnis suchen jenseits von Country-Hermeneutik, Rock-Gedöns und Rap-Aggression, die Gefallen finden an Gefälligem: gut gespielte Grooves, simple Strukturen, Gebrauchslyrik, von Männern wie aus der Nachbarschaft. Mucke bloß, aber Mucke für Millionen. Wie Hootie & The Blowfish, aber ohne deren Trad-Ballast. Und auf „Stand Up“ein wenig prägnanter und markanter als zuvor. Massentauglich immer noch. Drüben. Armes Amerika? Nun, wir haben Pur. Die haben Eminem, wir haben Sido… (V2) 1,5
RUtS Babylon’s Burmng
Wie Stiff Little Fingers gehören die Ruts zu den wenigen Unentwegten, die ihr Punk-Credo nie ablegten wie eine läßliche Jugendsünde. Hier wird ihr Flaggschiff renoviert und von einer Reihe Re-Mixern auf seine Dub-Tauglichkeit hin überprüft. Mit teilweise beachtlichen Resultaten. (Coliision/Groove Attack) 2,5 von Wolfgang Doebeling