Skunk Anansie
„The Painful Truth“
FLG/The Orchard/Membran (VÖ: 23.5.)
Die Briten mit Wave-Rock auf der Suche nach Relevanz.

Das erste Lied auf dem neuen Album von Skunk Anansie, dem ersten seit neun Jahren, heißt „An Artist Is An Artist“. Darin formuliert Skin den Anspruch, lebenslang Künstlerin zu sein und ihr Ding zu machen, unabhängig von Alter, Moden, Meinungen und früheren Erfolgen. Es ist eine Selbstermächtigung, mit der die Sängerin sagt: Diese Platte ist relevant. Im Pressetext beschreibt sie, dass sie die „Greatest Hits“-Tourneen der letzten Jahre als „Skunk-Karaoke“ empfunden habe und die Alben davor vielleicht nicht durchgehend brillant gewesen seien. Das ist eine der schmerzhaften Wahrheiten, die diesem neuen Werk seinen Namen geben. Die Musik zum Text ist eckiger Wave-Rock, Skin sprechsingt und hat einen wütenden Sarkasmus in der Stimme.
Ein Künstler ist ein Künstler, eine Band ist eine Band
Das folgende „This Is Not Your Life“ fügt Modern-Pop-Synths und Electro-Drums hinzu. Die getragene Ballade „Shame“ bleibt klangtechnisch in denselben Gefilden und ist ein emotionaler Kehraus: „I got the love from my mother/ I got the pain from my dad / I got the blame from my brother/ Shame, I got it bad.“ Scham ist ein mächtiges Gefühl, Skin schreit es heraus. Man hat es bei ihr immer mit großen, ungefilterten Gefühlen zu tun.
Bei „Lost And Found“ kommen die lauten Gitarren wieder. Aber auch in diesen Momenten bleibt die von David Sitek (TV On The Radio) verantwortete Produktion elegant, hell und quecksilbern, etwa bei dem treibenden „Cheers“, dessen Attitüde an die großen Hits dieser Karriere anknüpft. „Shoulda Been You“ steht auf einem Ska-Groove, bis der Refrain den Punk-Rock zurückholt. Schön, wie das kracht! Die Band hat die Songs auf einem Bauernhof in Devon geschrieben. „The Painful Truth“ wirkt nicht kalkuliert, sondern zusammen errungen. Ein Künstler ist ein Künstler, eine Band ist eine Band.
Diese Review erschien im Rolling Stone Magazin 6/25.