Slash’s Snakepit – It’s Five O’Clock Somewhere

So, so. Fünf Uhr ist es also, irgendwo. Worauf spielt Slash denn nun an? Auf seine britische Herkunft? Als Teetrinker ist der Guns N’Roses-Gitarrist weniger bekannt. Vielleicht meint er fünf Uhr morgens? Zeit für einen Schluck Tennessee-Whiskey? Reines Ablenkungsmanöver. Eher scheint bei Guns N’Roses eine Stimmung zu herrschen, die mit „High Noon“ vergleichbar ist. Gibt es ein Duell zwischen Axl Rose und Slash?

Kriselnde Kreativität kann man Guns N’Roses durchaus unterstellen, aber nicht, weil „The Spaghetti lncident“ eine reine Cover-Orgie war: Die aktuelle Version des ehrwürdigen Stones-Klassikers „Sympathy For The Devil“ zum Soundtrack „Interview With A Vampire“ ist ja wohl gründlich mißraten, um das mal noch gewogen höflich auszudrücken. Genau vor einem Jahr hatte Slash bereits Material für das nächste GN’R-Album fertig. An eine Solo-Platte dachte er erst in der Zeit nach dem nächsten GN’R-Werk. Und daß Gilby Clark, der inzwischen gefeuerte zweite Gitarrist, sogar als Songwriter eine Zukunft bei Guns N’Roses habe, dessen war sich Slash ziemlich sicher.

Es kam dann ja doch anders: Axl konnte nicht auf Gilby. Dessen Aburteilung war nur eine Frage der Zeit. Lediglich ein Verdacht, daß Rose einige Slash-Kompositionen abgelehnt hat die nun auf dieser Platte gelandet sind? „Wenn Axl, dieser sture, launische Idiot, keine Lust hat, dann mach ich’s eben selbst. Es geht auch ohne Axl. Ich verziehe mich in mein Schlangenloch. Soll Axl doch in der Hölle schmoren.“ Vorsicht: So was hat Schlangen-Liebhaber Slash nie gesagt. Könnte er aber gedacht haben.

Denn diese Platte als Slash-Solo-Scheibe zu deklarieren, hätte mit dem idiotischen Wunschdenken jenes 70er-Jahre-Polit-Bonmots zu tun: „Helmut Schmidt ist der richtige Kanzler – aber leider in der falschen Partei.“ Wir sind hier mit einer Guns N’Roses-Platte konfrontiert, die, als Affront gegen Axl, durchaus Spaltpilz-tauglich ist. Die massenpsychologische Gemeinheit ist, daß alle Welt das wahrscheinlich glauben soll. Die Gunners am Ende und so.

Interessant, wer da auf der pay roll steht: natürlich Gilby Clark. Matt Sorum spielt Schlagzeug, Mike Inez am Bass, und am Mikro steht Eric Dover, zuvor Gitarrist bei Jellyfish. Jemand, der als Rock’n’Roll-Sänger nicht gerade bekannt ist – aber es werden könnte. Der Mann ist klasse! Hat ein wenig Axl-Schweiß in der Stimme, aber eben nicht mit dieser nervig hochtönenen Knarzigkeit, sondern schon eher mit dem souveränen Feeling eines Joe Cocker, als der noch mit Koteletten und Batikhemd herumwankte. Sinnigerweise – und, auf Slashs Situation bezogen, doppelbödig genug beginnt die Ballade „Back And Forth Again“ mit genau jenen berühmten Hammond-Akkorden von „With A Little Help From My Friends“. Rührig.

Produziert hat ein weiterer Trend: Mike Clink, bisher für alle Guns N’Roses-Platten verantwortlich. Nichts ist mehr übrig geblieben vom „November Rain“-Pomp. Gut so: Vielmehr klingen die Songs nach „Appetite For Destruction „-Trockenheit. Ein entsprechender Knaller ist jedoch nicht dabei. So richtig schlecht ist der vorgelegte Snakepit-Output aber auch wieder nicht. Wer das gewohnt brillante Gitarrenspiel von Slash mag, wird hier reichlich

bedient: Mit ,Jizz Da Pit“ wird sogar ein Instrumental gewagt Zudem beruhigend: Sein Wort, daß er sich niemals als Sänger versuchen würde, hat Slash gehalten.

Quo vadis, Guns N’Roses? Angehörs dieser Guns N’Roses-Platte kann’s den Fans egal sein. Es sei denn, sie stehen auf Axl. Daß seine musikalische Zukunft nicht von Axl Rose abhängt, hat Slash ja schon längst als gefragter Studiogast bewiesen. Mit dieser Platte hat er noch einmal nachgelegt Dieser Kerl spielt eben immer in der richtigen Band.

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