Spin Doctors – You´ve Got To Believe In Something :: Sony Music

Die meisten Bands werden erst im Laufe ihrer Karriere zum Anachronismus. Die Spin Doctors waren es von Anfang an – wenn auch auf erträgliche Weise. Als ihr zunächst nur von einer Handvoll Deadheads beachtetes Debütalbum „Pocket Full Of Kryptonite“ anfing, sich im Grunge-Gemetzel des Jahres 1992 wie geschnittenes Brot zu verkaufen, hatte das etwas Erfrischendes: Der Sänger trug einen komischen Bart und turnte mit einer komischen Mütze in den Videos herum. Auch die drei restlichen Spin Doctors scherten sich keinen Deut darum, womöglich uncool zu sein oder wie die Reinkarnation der Steve Miller Band zu klingen. Auf seine Weise war das trotzdem authentischer, als im Stile der ebenfalls platinveredelten Zeitgenossen Stone Temple Pilots die Gegenwart zu plagiieren.

Die Zeiten haben sich geändert, die Spin Doctors nicht. Nach dem zwangsläufigen Flop des zweiten Albums „Turn It Upside Down“ ging 1994 nur zweimillionenmal über den Ladentisch – machen sie mit „You’ve Got To Believe In Something“ einmal mehr da weiter, wo sie schon immer angefangen haben: bei den guten alten Zutaten der 60er und 80er Jahre. Ein bißchen Funk, ein bißchen Rock, ein bißchen Soul, fertig ist der Spin Doctors-Song: Hippie-Crossover, von Danny Kortchmar breit produziert. Vor 25 Jahren wären die Spin Doctors damit die Red Hot Chili Peppers und Band der Stunde gewesen. Heute sind sie mit einer Überzeugung unzeitgemäß, die ihresgleichen sucht – eine musikalische Zeitmaschine, welche die Achtziger komplett verschluckt zu haben scheint.

Insofern läßt sich über das neue Werk viel Neues nicht sagen. Außer einer Personalie: Gründungsgitarrist Eric Schenkman, vermutlich des Lebens im Tournee-Bus überdrüssig, ist ausgestiegen. Doch selbst das würde man kaum bemerken, hätte der Neue, Anthony Kritzman, nicht geglaubt, auch einen Song beisteuern und singen zu müssen. „That’s The Way I Like It“ fällt durch den behäbigen Gesang als einziges Stück aus dem Rahmen und unangenehm auf. Die übrigen elf, ob schnell oder langsam, rockig oder balladesk, entsprechen souverän den Erwartungen.

Es ist daher ebenso passend wie bezeichnend, daß „You’ve Got To Believe In Something“ mit „House“ auch ein Stück enthält, das schon während der endlosen Tourneen in den frühen Neunzigern zum festen Live-Repertoire der Band gehörte. Darin verhandeln die Spin Doctors kurz und knapp ihren Status als zugleich selbstbeschränkte und selbstbewußte Traditionshüter: „This is my house/ If you don’t like it, just get out.“ Dem ist so – und wird vermutlich auch für die nächsten fünf Jahre nichts hinzuzufügen sein. Eltern haften für ihre Kinder.

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