St. Etienne – Sound Of Water :: Keine ungetrübte Fröhlichkeit mehr: Das Listening ist nicht länger Easy
Neues von unserer kleinen Bastler-Band: Sie waren länger in Berlin, und sie haben mit Sean O’Hagan zusammengearbeitet. Zwei Dinge, die man nicht tut, ohne dass sie Spuren hinterlassen. St. Etienne sind nicht mehr ganz die gleichen – das ist schade, aber am Ende gut.
Ähnlich wie zum Beispiel U2 glauben sie an die Kraft des Genius loci. Zur Verfertigung der letzten, vor zwei Jahren erschienenen Platte „Good Humor“ hatten sie sich in Göteborg eingenistet. Und es wurde auch eine richtige Göteborg-Platte: schön, flüchtig, selbstredend auch untergründig melancholisch. Nun ging’s nach Berlin, zum digitalen Friemeln und Fuckeln mit To Rococo Rot. Später hatte dann noch O’Hagan seine Finger im Spiel – der Mann, dessen Leben unter dem Motto „Being Brian Wilson“ steht. Man kann vielleicht vorwegnehmen, dass er die St.-Etienne-Musik zart hineinwob in sein endlos geflochtenes Band. Er zog sie zu sich hinüber, auf die Traumseite. Dadurch wird sie nicht leichter, sondern schwerer.
Die Platte beginnt mit einem nervtötenden Feedback, dann kommen schwere Keyboard-Akkorde und Sarah Cracknells Gesang: „Lalalalala, lalalalala, lalalalala, lalalalala“ Am Anfang also ein Kindertext, mit trauriger Naivität hingesungen. Ein Verweis darauf, dass das, was man unter Easy Listening verstand, immer eine Art von Regression war: ein wunderbarer Rückfall in die Gemütsverfassung eines Siebenjährigen, der gerade ein Himbeereis bekommen hat. Diese ungetrübte Fröhlichkeit war auf „GoodHumor“ noch vorhanden, wenn auch schon leicht angegriffen. Nun wird sie nur noch zitiert. „Sound Of Water“ ist eine traurige Platte.
Der traurigen Platten gibt es viele aber wo geht es so dezent zu und so stilbewusst? Die glatte Oberfläche wird zunehmend zersetzt und zernagt, es gibt plötzliche Abbrüche und dunkel Dräuendes, doch über alle Schlaglöcher hilft uns das Gefühl hinweg, dass St. Etienne die Contenance bewahren. Heavy Listening – die Zeit war reif dafür.
