STARSHIP TROOPERS von Paul Verhoeven :: ab 29. Januar

Fernsehen des 23. Jahrhunderts. Eine Nachrichtensendung, deren Graphik der Benutzeroberfläche eines Computers entlehnt ist, zeigt Bilder verwüsteter Städte. „3000000 million dead“ vermeldet ein Schriftzug, der flackert wie Leuchtreklame, nachdem galaktische Riesenkäfer die Erde mit Feuerbällen beschossen haben. Dann sind Kinder zu sehen, die heiter Kakerlaken zertreten und mit den modernsten Maschinenpistolen spielen, während Soldaten belustigt die Köpfe der Knaben tätscheln. Die „Starship Troopers“ rüsten zum Gegenschlag. „They will keep fighting. And they will win“, dröhnt eine Stimme und offeriert weitere Berichte per Mausklick: „Want to know more?“

Das Leben ist für Paul Verhoeven ein Reflex, variiert zur Reflexion aus einem Computer. Die Erinnerungsschübe des Menschroboters, Identität als virtueller Überlebskampf, der Eispickel zum Fick des Jahrhunderts und Sexshows, die steril sind wie ein Cyberakt und in der Vergewaltigung durch die eigenen Illusionen enden. Aus der Untiefe krasser, experimenteller, finsterer Blut- und Spermadramen drang der Holländer in Amerika an die Oberfläche, um auf ihr seine Gewaltparabeln zu sezieren. Optische Perfektion illustriert den perfekten Schein, um ihn so bloßzustellen, wobei die Absicht oft verschwindet und die Wirkung indizierendes Gezeter provoziert. Er inszeniert ohne humanistischen Blick, wie Pädagogen es wollen. Er hinterfragt nicht für uns, sondern fuhrt Manipulationen vor, indem er die Künstlichkeit bedient. Selbst der „Basic Instinct“ ist bei ihm pure Mechanik, spekulative Penetration gegen die verlogene Reinheit amerikanischer Ideale.

Amerikas Mythen, Weltsicht, Filme und Mechanismen sampelt und remixt Verhoeven mit Spezialeffekten als zynische Zukunftsszenarien zu Action-Entertainment über Politallerlei wie Law & Order, Imperialismus oder Sittlichkeit. Nach „Robocop“ und „Total Recall“ schließt er mit „Starship Troopers“ seine Trilogie von Sci-fi-Exploitationen. In einer vom Korpsgeist geprägten Gesellschaft sind die Grenzen zwischen Rasse und Geschlecht gefallen. Der sportive Student Johnny Rico (Casper Van Dien) meldet sich freiwillig zur Infanterie, um seiner Freundin zu imponieren, die als Raumschiffpilotin dient. Er wird hart gedrillt, und nach dem Alienangriff wächst er in mehreren Schlachten zum Helden. Verknüpft werden diese grellen Gemetzel episodenhaft durch Stereotypen der Rivalität und Eifersucht, von Verhoeven als Derivat beliebiger Serienfolgen so konsequent angeordnet, wie er fast alle Darsteller aus der Soap-Schmide von Aaron Spelling rekrutiert hat. Dort wirken sie schon wie Klone, hier sind sie antiseptisch wie Ken in a Barbie world. Sonst TV-Kanonenfutter, verheizt er sie gegen von Computern generierte Ungetüme, die mit sichelartigen Beinen deren hübschen Leiber zerstechen und zerfetzen. So zappt dieser Trommelfeuerfilm szenisch von Verdun, Pearl Harbour, D-Day, Vietnam und der Golfkriegs-PR bis zu „Alien“, „Star Wars“ und den Western. Eine sarkastische De-Montage militärisch-medialer Motive. Ein Monster.

Die Drastik stört Bedenkenträger weniger als die Dreistigkeit, mit der Verhoeven faschistischen Fetischismus verhandelt „Starship Troopers“ basiert auf der Novelle Robert Henleins, dessen Utopie brauner Rhetorik folgt. Und Verhoeven macht sie kenntlich, indem er den Guten die Uniformen der Wehrmacht und SS angezogen und ihre Vereidigung gar aus Riefenstahls „Triumph des Willens“ nachgestellt hat Die vertauschte Symbolik von Ästhetik und Ehtik ist ein altes Vexierspiel der Popkultur und zeigt: Nazi-Propaganda und US-Infomercials trennt eine hauchdünne Linie. Und auf der balanciert feixend diese Siegerfarce.

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