Steinbruch Kurzbesprechungen

Die gesellschaftliche Entwicklung ist über BILLY BRAGG hinweggeschwappt – und er muß sich heute vorkommen wie ein Rufer in der Wüste. Nach fünf Jahren meldet sich das linke Gewissen des Britpop nun mit seinem Album „William Bloke“ (Cooking Vinyl/Indigo) zurück, von den gröbsten Illusionen befreit, aber erfrischend trotzig und humorig, besonders in den sehr persönlichen Bekenntnissen, die wenig Wert legen auf politische Korrektheit oder ausgefeilte Arrangements. Welcome back. 3,0

Nur The Fall sind so konstant inkonsistent wie THE WEDDING PRESENT, so permanent am Werkeln und Mutieren, ohne sich selbst jemals untreu zu werden. Auch auf „Saturnalia“ (Cooking Vinyl/Indigo) nagen sich Dave Gedge und seine Mannen wieder durch sehnige, leicht verspannte Songs, mit sperrigen Texten. Anstrengend, aber durchaus lohnend. 3,0

Dem Ersticken in Prätention bei Element Of Crime entkommen, legt PAUL LUKAS mit „The Fear OfA Singer“ (Edel) ein formalhaft folkiges Album vor, das wohl frei ist vom Drang nach feuilletonistischer Salbung, doch sind die Reime verhärmt, die Vocals verhuscht, und die Musik ist allenfalls angenehm, unaufdringlich. Statt zu fließen, plätschern die Songs. Lukas ist befangen, die Angst des Sängers verständlich. 2,5

Das vorläufige Ende eines Amoklaufs: Die SEX PISTOLS verewigen ihre Wiederkehr-Tournee auf dem Album „Filthy Lucre Lire „(Virgin). Was bedeuten diese Reprisen des schmalen Repertoires? Like Punk ever happened. 2,0

Die harte Kante: DUB WAR haben nichts mit Dub zu tun, aber mit fettem Sound. Ragga, Metal, HipHop – müßte schaurig sein, ist auf „Wrong Side Of Beautiful“ (IRS) aber erstaunlich schlüssig. Womöglich innovativ. Und sogar mit Melodien. 3,0

Ähnlich laut, aber schnörkellos: BOILER knüppeln im Süddeutschen energetischen Metal und verkünden in ganz kurzen Texten sehr einfache Botschaften: „Stop analyzing“, zum Beispiel. „You’ll Never Be Upfront“ (Deshima/SPV) ist frei von subtilem Liedgut Siedet. 2,5

Den CONNELLS hat ihr Video-Hit „74-75“ wenig genützt: wegen Unscheinbarkeit am Superstartum gescheitert. Dabei sehen die Burschen nicht schlechter aus als Hootie & The Blowfish. Auch auf „Weird Food & Devestation“ (Intercord) dominieren freundliche Harmoniegesänge, moderates Gitarrenspiel und mild melancholische Melodien. Zu nett für diese Zeiten. 3,0

Was hierzulande als Fun-Punk firmiert, ist selten mehr ab Gottlieb Wendehals, nur eben laut und schlecht gespielt. Bommerlunder, Pollunder. Schunder. Positiv gewendet kann Fun-Punk aber auch mehr sein und mächtig in die Glieder fahren: THE BASEMENT BRAIS aus Norwegen stehen stramm in der Tradition der Ramones und reihen auf ihrer zweiten LP „The Bratbeat“ (Screaming Apple) vierzehn Pop-Perlen aneinander mit einer Netto-Spielzeit von 28 Minuten. Fun heißt schließlich Freude und die kommt hier auf, nicht zu knapp. Hyperventilisationspop. 3,0

Der Name The Bluebells weckt schöne Erinnerungen an bittersüße Melodien und Tartan-Tänze, an herbe Harmonien und Hits. Hits, Hits. Die Melodien und Harmonien kriegen die McCLUSKEY BROTHERS noch hin, doch mit dem Tanzen haperts und ein Hit ist auf „Wonderful Affair“ (Line) nirgendwo zu finden. Nur gediegene, folkige Pop-Tunes, die äußerst angenehm ins Ohr gehen, immerhin. Nice’n’easy, aber: old at heart. 2,5

Sein Freund ist schon ein „Popstar“ – so ’ne Art „Johnny Cash with a guitar-smash“. Und wenn es noch irgendeine Gerechtigkeit gibt, ist Andi Blab auch schon bald einer. Mit SITTER und „Pastello“ (Veracity/EFA) huldigt der Münchner Gitarrist und Sänger der großen, lauten Power-Pop mit Eiern, um’s mal ganz unprosaisch auszudrücken. Monströs und melodiös zugleich kracht das mehr als ordentlich. Kämen die aus Boston oder Brighton…3,5

Die Orgel röhrt und der Baß pumpt, der Sänger windet sich in den Fußstapfen eines Axl Rose: Die BUFFALO BROTHERS aus Kanada spielen auf „Magic Incinerator“ (Attic/Edel) mit Blues getünchten Retro-Rock aus dem Second Hand-Laden um die Ecke. Was dem Titel zum Trotz weder magisch ist, noch wirklich unter den Nägeln brennt. Das können die Black Crowes (beispielsweise) immer noch besser. 2,0

Sie danken der vorzüglichen amerikanischen College-Band Samiam, obwohl sie aus Herzogenrath stammen: PALE könnten auch Hüsker Dü und Dinosaur Jr. und den Lemonheads danken, und Dank gebührt ihnen selbst: „Drop Pants For Food“ (Soda Records) enthält melodieselige Quengel-Hymnen im angenehm altmodischen Stil – Pale nennen es richtig „Crash-Pop“. 3,0

Auf „Unsterblich“ (WEA) spielen TRIEB Bristol-Sounds, schweren Gitarren-Groove und am Crossover orientierte Funk-Rhythmen, und Sänger Frank Bohle grölt und rapt über den Trieb zum Ruhm, Sex und inneren Frieden. „Mein Gott ist weiblich“ ist kein Liebeslied, sondern „Ich bin krank wie alle“ mit den Zeilen „Du versucht mich zu heilen und du tust es für dich/ Lieb mich, faß mich, kill mich, haß mich“. Okay. 2,5

Ein Engel schwebt ein: Christine Ann Leach vom Londoner Trio BABY FOX singt auf „A Normal Family“(Roadrunner) mit entrückter Zartheit zu Pop-Fragmenten, meditativen Melodien und karibischen Klängen vom Synthesizer. Die Liebe besingt sie, als kämen Gefühle aus einer anderen Welt. Gehe den „Alien Way“, lebe „In You Dreams“, liebe den „Rain“. Ob Ambient, TripHop oder Bass & Drum – Songs voller Sinnlichkeit. Spacig. 4,0

Keine Band kann sich weniger neu erfinden als ZZ TOP. Von den Gitarren-Schraten, die wie eine Freak-Show auftreten, erwartet niemand Innovationen. So schaffen sie ihre eigene Klassik: Das schwarze, sämige Grollen und Rollen nämlich, das ihr neues Album „Rhythmeen“ (RCA) erbeben läßt, fordert Ehrfurcht. Das hat ja gar keinen langen Bart. Elementarer Blues-Boogie-Metal, Melvins für die Massen. 3,0

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