Steinbruch Kurzbesprechungen
Hier steppt sprichwörtlich der Bär, denn drei CDs der 4-CD-Box 2O YEARS BEAR FAMILY „1975 -1995“ widmen sich ausschließlich dem Thema Bär. Der Anlaß: Richard Weizes kleine, aber feine Firma begeht ihr Zwanzigjähriges, und da darf heute singen, wer will, Hauptsache, er huldigt Meister Petz. Das Spektrum reicht von Lys Assias „Mein Teddy“ über Ray Campis „Honey Bear“ bis hin zu Wanda Jacksons „Teddy Bear Song“. Wie heißt’s auf dem Cover doch so schön: „We’ve got bear songs ‚til you can’t bear no more.“ Wie wahr – und bärige Glückwünsche an die Family! 4,0
Es bleibt dabei: Scheppernde Gitarren, wiehernde Melodien, poppende Freiluftriffs in bebender Umgebung. Die RAMONES bleiben sich – und Schande über jeden, der ihnen das zum Vorwurf macht – selbstverständlich auch auf ihrem neuen Krachmacher „Adios Amigos“ (EMI) komplett treu, und dies stimmt den Hörer froh. Schön auch, daß einige doch arg scheppernde Stücke von Dee Dee Ramones letztjähriger Solo-Eskapade nochmal mit komplettem Band-Genius versehen wurden. Schade wäre, wenn es sich bei „Adios Amigos“ – der Titel legt diesen Schluß nahe – tatsächlich um das letzte Power-Paket der Ramones handeln sollte. 3,0
Dreimal derselbe Song: mit schweren Dope-Beats, in schwülem Jazz-Funk-Gewand und als nörgeliger Hooligan-Rap. Mit den verschiedenen Versionen von „Root Down“(EMI) beweisen die famosen BEASTIE BOYS, wie beweglich sie sind. Die folgenden sieben Live-Tracks aus verschiedenen Schaffens-Phasen untermauern noch einmal ihren Ruf als Marx Brothers des Pop. In den Tracks liegt ein gewaltiges anarchisches Potential. 3,5
Als die Feelies sich 1990 auflösten, trauerte der Film-Regisseur Jonathan Demme: Das einzigartig rasante Gitarrenspiel dieser amerikanischen Band hatte seinen Komödien den Rhythmus gegeben. Eine der beiden Gitarren ist wieder da: Glenn Mercer musiziert jetzt mit Schlagzeuger Chad Weckerman bei WAKE OOLOO. Auf „What About It“ (HIM/EFA) haben sie das Instrumentarium um Orgel und Piano erweitert. Die melodieseligen Drei-Minuten-Gassenhauer beherrschen sie immer noch besser ab bluesige oder psychedelische Exkursionen. Nur singen kann bei Wake Ooloo niemand. 3,5
Die SCUD MOUNTAIN BOYS kommen aus dem hintersten Massachusetts und dort, in einer Hotelküche, hat das Trio mitteb eines einzigen Mikrophons „Pine Box“ (Chunk Records) aufgenommen, eine LP von brillanter, fast spartanischer Schlichtheit. Ihre eigenen Songs sind tieftraurig und verstrahlen einen morbiden Hillbilly-Charme, während die Cover-Versionen (von Jimmy Webb, Bruce Welch) gewisse sinistre Nebenbedeutungen gewinnen, die sie vordem nicht zu haben schienen. „Gypsies, Tramps & Thieves“, im Original von Cher melodramatische Sozialkritik, mutiert zu reinster Melancholie. Für Cowboy Junkies-Fans, insbesondere für Liebhaber der „Trinity Session“. 4,0
Funky but chic: SYL JOHNSON, dessen potenter Soul-Pop auf Hi Records in den 70er Jahren noch in angenehmer Erinnerung ist, bietet auf „Back In The Game“ (Delmark) wohl einiges 08/15-Disco-Genudel, aber auch diverse erfreulich erdige und ehrliche Blues Shouter und ambitioniertes Funk-Workouts wie die I’m-Black-And I’m-Proud-Hymne „Ghetto Woman“. An Johnsons Stimme ist bestimmt nichts auszusetzen, die Hi Rhythm Section hat ebensowenig verlernt, nur ein paar Arrangements wirken allzu banaL Das nächstemal sollte es Willie Mitchell richten. 2,5
Label-Hypes können sich ab Mühlstein erweisen. Der „neue Springsteen“ sein zu müssen, erwies sich für STEVE FORBERT ab Hypothek, die er me ganz abtragen konnte. Seine Debüt-LP „Alive On Arrival“ versprach 1978 mehr, ab die nachfolgenden Alben einzulösen vermochten. „Mission Of The Crossroad Palms“ (Giant/ARIS) wird daran nichts ändern, obwohl Forberts fast naiv vorgetragene true life stories wunderschöne Zeilen zeitigen: „Your phone call says you’re sorry, and the grapevine says you’re free.“ Wenn nur die Musik mithalten konnte, doch trotz namhafter Session-Männer hört man fast nur Formel-Folkpop. 3,0
Wie weit hat’s der Blues gebracht? Ganz schön, legt man den Aktionsradius von B. B. KING zugrunde: Pünktlich zum 70. Geburtstag wird der Spaßvogel mit der Compilation „Lucille & Friends“ (MCA) geehrt, die Duett-Arbeiten aus über 20 Jahren Revue passieren läßt. Zwar waren bis auf „All You Ever Give Me…“ (mit Vernon Reid) alle Tracks schon mal irgendwo veröffentlicht und U2 dürfen gleich zum Auftakt nerven. Doch das Wiederhören mit einigen älteren Songs fallt durchaus erfreulich aus: King ab Philly-Souler mit Stevie Wonder („To Know You Is To Love You“) oder an der Seite von Leon Russell und Joe Walsh im „Hummingbird“ von 1970. 2,5
Als George Clinton Ende der 80er Jahre am Hofe des Princen eincheckte, schien ein neues P-Funk-Zeitalter anzubrechen. Doch nach der Demission des aufs Symbol Reduzierten ist der Mann aus Michigan via HipHop-Sample fast präsenter ab leibhaftig. Jetzt hat Clinton noch einmal die große PARLIAMENT, FUNKADELIC & THE P-FUNK ALLSTARS-Posse zusammengetrommelt und zieht sich dabei im frischmontierten Parallel-Universum mit allerlei „Dope Dogs“ (Hot Hands/IRS) achtbar auf der Affäre. Rapper Rakim verfaßte das mysteriöse „Follow The Leader“ mh. 3,0
Was fangen anglo-amerikanische Produzenten mit südamerikanischen Künstlern an? Eine Frage, zwei Antworten. Tina Weymouth und Chris Frantz, einst Rhythmus-Gespann der Talking Heads, wollen den rasanten urwüchsigen Roots-Sound der argentinischen Big Band LOS FABULOSOS CADILLACS auf „Rey Azucar“ (Sony) durch Import-Stars aufwerten. Was mit Mick Jones und Youth hinhaut, bei Debbie Harry und „Strawberry Fields“ aber ziemlich danebengeht – und eigentlich auch gar nicht nötig wäre. 3,0