Swings Both Ways

Robbie Williams

Wohin geht man, wenn man schon überall war? Robbie Williams ist 39 und seit 24 Jahren im Geschäft. Zuletzt war er kreativ ein wenig auf den Hund gekommen, rührselige Geschichten übers Windelnwechseln konnten davon nicht ablenken. Er hat seit 2002 kein gutes Album mehr gemacht und schien unlängst auch auf der Bühne sein Charisma verloren zu haben: Die charmante Großmäuligkeit war billigen Zoten und einer bräsigen Überheblichkeit gewichen. Er muss das gemerkt haben. Die Idee zu „Swings Both Ways“ klingt vielleicht wie eine Rückwärtsrolle, tatsächlich ist es endlich wieder ein Schritt nach vorn.

Für sein zehntes Solowerk holt Robbie Williams nämlich Guy Chambers zurück -den Mann, mit dem er seine fünf ersten Soloalben schrieb. Den Typen, den er einst als „mehr Robbie Williams als ich selbst“ bezeichnete. Statt wie bei „Swing When You’re Winning“(2001) nur Standards zu covern, sind so fünf neue Songs entstanden -einen weiteren schrieb er mit anderen Leuten -und dann haben sie den Hit „Supreme“ einfach noch mal als „Swing Supreme“ aufgenommen. Immer mit im Songwriting-Team ist jetzt Chris Heath, der wohl auch ein bisschen Robbie ist, seit er dessen Biografie schrieb.

„Another dawn, another day, another dollar to be made“, singt Williams zu Beginn in „Shine My Shoes“, und: „I don’t care what you think you know/’bout who I am and how it goes/ I made it easy to be me, so yeah, it’s easy to be me!“ Da ist er wieder, der alte Draufgänger, dem alle anderen die Füße küssen können. Oder halt die Schuhe putzen. Die Melodien sind klassisch, was freilich auch heißt, dass sie einem fast so bekannt vorkommen wie die tatsächlichen Klassiker, aber das macht gar nichts. Das sanfte „Go Gentle“ schwingt und pfeift sich sofort ins Herz; bei „Swings Both Ways“ liefert er sich mit Rufus Wainwright einen putzigen Wettstreit, wer mehr camp klingen kann. „Face it, Robbie, you’re a little bit gay“, stichelt Rufus. „Shall we dance?“, erwidert Robbie. Ein schönes Schauspiel.

Beim überkandidelten Schubidu mit Michael Bublé („Soda Pop“) hört der Spaß kurzzeitig auf, doch die anderen Kollegen reißen es wieder raus. Mit der entzückenden Lily Allen schmachtet er hemmungslos „Dream A Little Dream“, während sich Kelly Clarkson beim Ohrwurm „Little Green Apples“ angenehm zurückhält. Auch Olly Murs (der Typ mit dem klebrigen „Heart Skips A Beat“) stört bei „I Wanna Be Like You“ kaum. Die Robbie-Williams-Show läuft reibungslos.

Das Album endet mit dem absichtlich überproduzierten „No One Likes A Fat Pop Star“, in dem ein alberner Chor dem kleinen Robbie die Meinung bläst -vielleicht der ehrlichste Moment des Albums, denn das war ja stets seine größte Sorge: dass er allzu früh wie Elvis enden könnte, übersättigt und ausgebrannt. „I come from a land of kebabs and curries/Second helpings, no worries / Then one day it’s too late“, unkt Williams. Mit Guy Chambers könnte er jetzt allerdings noch ein paar gute Jahre vor sich haben. (Universal)

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