The Beach Boys :: Stars & Stripes
Als sich die beste Band Amerikas anschickte, den Bannkreis ihres Genies zu verlassen, zeigte sie sich immer öfter von ihrer staatstragenden Seite, Sternenbanner-schwenkend und patriotische Phrasen dreschend. Bigotterie und „Good Vibrations“ koexistierten, letzteres für lange Zeit vollkommmen ungetrübt.
Diese Zeiten sind vorbei Dubiose Kollaborationen sind die Beach Boys früher schon eingegangen, mit Elton John und David Lee Roth, mit den Fat Boys und Status Quo. Ein Niedergang, der im wesentlichen auf die Kappe von Mike Love geht Jetzt hat der ewige Philister und Maharishi-Musterschüler die Boys nach Nashville verschachert. Love im Vorfeld der Charade zu Joe Thomas, dem späteren Produzenten des kalten, kalkulierten Machwerks: „Well, if you can deliver Willie Nelson to me, I can deliver Brian Wilson to you.“
Poor Brian. Er hatte nicht den Hauch einer Chance. Von den Boys bekniet und becircet von seiner Frau Melissa, einer eingeschworenen Willie-Fanatikerin, war sein Widerstand von kurzer Dauer. Verschiedene, weitaus vielversprechendere Projekte mit Andy Paley, Don Was und Van Dyke Parks wurden auf Eis gelegt, und die Beach Boys begaben sich nach Texas, in Nelsons Padernales-Studio, um gemeinsam „The Warmth Of The Sun“ aufzunehmen, jenen Song mithin, der einst unter dem Eindruck der Ermordung John F. Kennedys in Dallas entstanden war. Full circle.
So weit, so vertretbar. Willie singt schön lakonisch und dennoch anheimelnd, die Beach Boys harmonieren emphatisch an der Grenze zum Kitsch, dazu eine herbe Harmonica und eine sanft klagende Violine. „Weniger ist mehr“ war Willies Devise schon immer. Fein. Die Beach-Country-Fusion schien zu funktionieren, und so machte man sich auf nach Nashville, wo soundsoviele smarte „Hats“ des „New Country“ für musikalische Schandtaten jederzeit zu haben sind, sofern es ihrer Karriere förderlich ist Der kollektive Meuchelmord an harmlosen, hilflosen Eagles-Songs ist nur allzu gut in Erinnerung. Schlimm, gewiß, doch nichts im Vergleich zu dem frevelhaften Versuch, den Brian-Wilson-Juwelen einen Country-Schliff zu verpassen, und das von geschniegelten Schmocks, die mit Country & Western Music nicht mehr zu tun haben als die Beach Boys selbst, außer natürlich, daß sie die sogenannten Country-Charts bevölkern.
Und so tönt Joe Thomas, „Stars And Stripes“ sei ein richtiges Country-Album geworden. Bullshit Es ginge darin um Unschuld, Jugend und Optimismus, schiebt Mike Love nach. Das klingt wie eine dieser debilen Techno-Parolen, hohl und hirnverbrannt. Anders als die Musik auf „Stars And Stripes“. Die ist nur schal und schubidu. Collin Raye sülzt sich durch „Sloop John B“, James House verwandelt das „Little Deuce Coupe“ in einen Traktor, Sawyer Brown ruinieren skrupellos „I Get Around“, und Lorrie Morgan meuchelt „Don’t Worry Baby“. Nicht übel, aber reine Zuckerwatte ist „Caroline, No“ von Timothy B. Schmit, der Rest schwankt zwischen Schmus und Sakrileg. Einzig Junior Browns „409“ hat Klasse, doch ist der robuste Hot-Rod-Renner ohnehin schwer kaputtzukriegen.
Ein Sequel ist bereits angedroht mit Tammy Wynette, Ronnie Milsap und Kenny Rogers. Wouldn’t it be shite?