The Chemical Brothers – Push The Button
Irgendwas an meiner Stereoanlage ist kaputt, denn ich krieg es nicht mehr hin, dass die Chemical Brothers so gut wie früher klingen. Besser gesagt: so geil wie früher. Obwohl, das ist nicht die Stereoanlage, das ist mein Kopf. „Push The Button“, das fünfte Album, wirkt wie der Gedankenstrom von jemandem, der sich unvollständig an alte Chemicals-Platten erinnert. Das Stück „Come Inside“, ganz buchstäblich: ein lückenhaft memoriertes „Block Rockin‘ Beats“ mit Bassgitarren-Stottern, Elefanten-Trommelwirbel, Knattern.
Erinnern kann man sich überhaupt nur, wenn man dabei war, wenn man den biografischen Zufall genießen durfte, ein Student zu sein und ab und zu aus dem Haus zu gehen, als die Chemical Brothers (die Beavis & Butthead des Electro-Funk) den Student dance erfanden. In ekelhaft zurechtgeschwitzten T-Shirts, lippensynchron brüllend: „The brothers gonna work it out!“, kein schöner Anblick, auch keine schöne Erinnerung, wenn man den dazu passenden Glücksrausch vergessen hat.
Es gibt auf der neuen Platte eine eigentlich grandiose Passage, von Stück drei bis sechs, wo die Chemicals ganz stark ihre Stärken ausspielen: ein Auto, das im Takt nicht anspringt, ein Rasierapparat, der in die Schlagsahne fährt, rhytmische Scheibenputz- und Schniefgeräusche, ein Bass wie der weiße Hai (Dö-de-dö-de-dö-de“), der Sänger der Band Bloc Party, der einen sinnlosen Satz wiederholt.
Mögen junge Leute das? Für die Älteren ist es eine Welcomehome-Party, und an den Plattenspielern stehen immer noch dieselben zwei Typen wie früher. Die alten Spaßmacher, die einen schmerzhaft daran erinnern, vielleicht mal erwachsen zu werden. Gäste auf „Push The Button“ sind Tim Burgess von den Charlatans, Rapper Q-Tip (neulich auch bei R.E.M.) und ein paar Unbekannte, was sympathisch ist nach den früheren Prominenten-Schlachten. Die psychedelischen Stücke klingen auch toll, das wäre überhaupt eine richtig tolle Platte, aber sie kommt zu spät: Die Chemical Brothers sind Alt-Punks.