The Chills
„Spring Board – The Early Unrecorded Songs“
Fire/Cargo (VÖ: 28.2.)
Eindrucksvolle Neubearbeitung der frühen Werke.
Erst Australien, dann Neuseeland. Locker vierzig Jahre ist es her, dass aus fernen Down-Under-Welten eine Welle mit Indie-Gitarrenmusik nach Europa schwappte. Mit London als Drehscheibe konnte im Fahrwasser der Go-Betweens, von The Triffids oder The Church auch das Label Flying Nun aus Christchurch punkten. Neben The Clean waren es hier vor allem The Chills, die für das Zwischenhoch der späteren „Herr der Ringe“-Inseln sorgten. 1987 produziere Mayo Thompson (Red Crayola) deren Debütalbum, „Brave Words“.
Von den Harmonies der Byrds bis zum Psychedelic-Kosmos: ein Held der Abwechslung
Viel Rockhistorie schwingt also mit, wenn es nun zur Neubearbeitung von Songs aus jener fernen Ära kommt. Ein leidenschaftliches Projekt von The-Chills-Gründer Martin Phillipps, der 2024 mit nur 61 Jahren an den Spätfolgen einer Hepatitis-C-Erkrankung verstarb. Die Überarbeitung der verschütteten Schätze war bereits weit fortgeschritten. Zumal man das alte, unveröffentlichte Material nach Phillipps’ Geschmack grundlegend hatte umschreiben müssen. Es kam zum posthumen Remix eines großen Songwriters: Neil Finn von Crowded House und Musiker von Fur Patrol, Split Enz und Purple Pilgrims standen helfend und klampfend zur Seite. Ein neuseeländisches All-Star-Orchester.
Beim Frischetest der 20 „Early“- Songs fällt der dynamische Orgelrock-Einstieg „Dolphins“ auf, hatte man The Chills doch eher milder, im Sinne der Anorakpop-Bewegung jener Zeit in Erinnerung. Nette Jingle-Jangle-Songs gibt es natürlich auch. Ein süßlicher Schmelz bei „Juicy Creaming Soda“, ein versöhnlicher Refrain im Lovesong „Meet My Eyes“. Doch oft wird auf die Tube gedrückt. Auch Phillipps’ Stimme hat nichts an Intensität verloren, wenn es in „Slime“ dunkel und kalt zugeht. In „Declaration“ legte er wohl seine Wurzeln als Garagenrocker frei. Bei „Such Self Pity“ sind die frühen Pink Floyd nicht fern, in „Steel Skies“ kommt es zum Gitarrenduell. Von den Harmonies der Byrds bis zum Psychedelic-Kosmos: ein Held der Abwechslung.
Diese Review erschien im Rolling Stone Magazin 3/25.