The Henrys – Puerto Angel
Größer kann der Kontrast kaum sein: Puerto Angel ist ein herrlich verschlafenes Nest an der Pazifikküste im Südwesten Mexikos, die Henrys hingegen kommen aus Ontario/Kanada und spielen Rock-Kammermusik der subtilsten Art.
Das Konzept der Herren Victor Bateman (akustischer Baß), Howard Gaul (Drums), Kim Ratcliffe (Gitarren), Paul Pasmore (Baßgitarre), Don Rooke (Gitarre) und ihrer diversen Freunde sah ganz einfach so aus: Jeden Tag traf man sich nach einem sehr späten Frühstück im „Musikzimmer“ einer alten Bauernkate am Meer, nahm zwei, drei Tracks auf und verbrachte den Rest des Tages damit, den Resultaten der Arbeit zu lauschen, Pingpong zu spielen und Drinks zu schlürfen.
Das, was bei dieser Art zu arbeiten herausgekommen ist, ist so ausgeschlafen und relaxed, daß man Ry Cooder, der musikalisch ein ähnliches Terrain wie die Henrys beackert, glatt einen Hektiker schimpfen könnte. Mal stößt zu den lässig daherjammenden Gitarren urplötzlich eine coole Trompete Marke Chet Baker, mal ist es eine Steel Drum, die dem coolen Geschrummel der Gitarren urplötzlich verblüffende Glanzlichter aufsetzt. Und wenn schließlich Mary Margaret O‘ Haras Stimme erschallt, dann ist Patsy Cline wiederauferstanden und der Hörer im siebten Himmel. (In diesem Zusammenhang sei auch O’Haras exzellentes Album „Miss America“ von 1988 empfohlen, auf dem, versteht sich, ein paar der Henrys mitwirken.) Einer der mannigfaltigen Höhepunkte dieser Platte ist sicherlich die Adaption von John Hiatts „Radio Girl“, die diesem Stück bis dato ungehörte Qualitäten entlockt.
Summa summarum aber ist „Puerto Angel“ ein Werk, das in puncto Electric Blues/Folk/Country-Fusion die Maßstäbe setzt.