The Libertines :: Up The Bracket
Das englische Wort „hype“ kann man nicht nur mit „Rummel“ übersetzen, es kann auch „Schwindel“ heißen. Daher traut man der britischen Pop-Presse nur ungern über den Weg, wenn sie wieder einen Act in den Himmel hebt, obwohl außer einer Single meist noch gar nichts vorliegt. An den Prollrock von Andrew WK erinnert man sich nur ungern.
Doch verdanken wir dieser schon sprichwörtlichen Hype-Freundlichkeit ja auch die Strokes und die White Stripes. So hält man doch immer für einen Moment den Atem an, wenn man das Promoexemplar einer jenseits des Kanals hochgelobten Band aus der lieblosen Plastikverpackung befreit und in das Abspielgerät bettet. Bei „Up The Bracket“ von den Libertines geradezu ein heiliger Akt, war doch ihr erstes Lebenszeichen „What A Waster“ die beste Paul-Weller-Single seit (mindestens) „Going Underground“ (Weller-Aficionados sprechen von der Prä-Knödelpapst-Ara). Die zweite Single „Up The Bracket“ löste das gemachte Versprechen schon ein. Das Album gleichen Namens zeigt nun: Die Libertines sind eine Singles-Band – wie die Kinks oder eben The Jam.
Das heißt nicht, dass „Up The Bracket“ ein schlechtes Album ist, sondern vielmehr, dass fast jeder der hier versammelten zwölf Songs es verdient hätte, als Single alles zu überstrahlen, was sich momentan in den 45er-Charts so tummelt. Wolfgang Doebeling müsste beim Drucker Sterne nachbestellen. Fast jedes Stück eine hingerotzte Attacke, produziert von The Clashs Mick Jones.
Eine Verschnaufpause wie „Radio America“, die klingt wie ein Song, den Paul McCartney auf „With The Beatles“ packen wollte, um sich am Ende dann doch für „‚Til There Was You“ zu entscheiden, macht sich da gut, ebenso der Supergrass-Klamauk „The Boy Looked At Johnny“. Und das melodiös-melancholische „The Good Old Days“ erst!
Auch wenn das Schlussstück „I Get Along“ klingt wie eine gut abgeschaute Strokes-Kopie, ist „Up The Bracket“ doch wunderbar unkonventionell und grandios britisch. Allein der betrunkene Beginn des Titelstücks oder die Harmonien des cleveren „Teil The King“, das in einer Folk-Pastiche endet.
„And they all get them out for/ For the boys in the band/ They scream and they shout for/ For the boys in the band.“ Danke, England!