The Notes And The Words :: Retrospektive der großen Folk-Sängerin als Destillat aus 19 CDs
Bei seinen Recherchen für das Box-Set mit BBC-Aufnahmen von Sandy Denny fand Phil Smee nicht nur viele Songs, von denen weder andere Konzertmitschnitte noch Studioaufnahmen existierten, sondern im Nachlass auch unbekannte Song-Skizzen, Demos und Texte. Was wiederum Thea Gilmore dazu inspirierte, eine Auswahl derselben fertig komponiert und stilgetreu produziert für ihr Tribute-Projekt „Don’t Stop Singing“ aufzunehmen. Einige Dutzend Raritäten veröffentlichte schließlich Island Records 2010 auf den 19 CDs des sündteuren Box-Sets „Sandy“.
Aus demselben destillierte die Plattenfirma nun eine Raritäten-Retrospektive von Aufnahmen, die man letzthin nicht auf den Bonus-CDs der Deluxe-Editionen ihrer Solo-Platten veröffentlicht hatte. Ohne Joan Baez zu nahe treten zu wollen, darf man die Behauptung wagen, dass Sandy Denny in ihren Anfängen den frühen Dylan von „It Ain’t Me Babe“ expressiver und hinreißender deutete als die berühmte Kollegin. Das Drama von Jackson C. Franks „Blues Run The Game“ entfaltet sich bei ihr weit intensiver als bei Aufnahmen von Simon & Garfunkel & Co. Das ist das genaue Gegenteil von Rohdiamanten, was man an knapp zwei Dutzend Folksongs auf der ersten CD findet. Die Denny an der Gitarre (bei späteren Demos auch Richard Thompson an derselben), faszinieren Aufnahmen wie „She Moved Through The Fair“ oder die Ur-Fassung von „Fotheringay“ durch die Abwesenheit aller production values.
Zu den Delikatessen unter den Alternativ-Fassungen und Outtakes der Fairport-Convention- und Fotheringay-Jahre auf der zweiten CD gehören „The Ballad Of Easy Rider“ (Thompson sublim spielend), die Erstaufnahme von „A Sailor’s Life“ (die Band brillant improvisierend) und das legendenumwobene „Lord Bateman“-Demo, a cappella gesungen. Auch bei den Raritäten der Solo-Jahre auf den nächsten beiden CDs fällt ein ums andere Mal auf, wie fremd ihr Routine war. Melancholie prägte ihren berühmtesten Song, Todesahnungen ziehen sich durch „Moments“. Es war der letzte Song, den sie je (am 20. Mai 1977) aufnahm. Noch trostloser klingt allerdings das Bekenntnis von „Makes Me Think Of You“. Deswegen ist es das letzte Stück hier. (Universal) franz schöler