The Polyphonic Spree – The Polyphonic Spree The Fragile ArmyThe Fragile Army :: Komplexe Arrangements, noch mehr Chor bei der Armee des Guten

Die weit und weiß wallenden Gewänder sind passe. Auf ihrem dritten Album präsentieren sich Tim DeLaughter und seine 23 Rocksymphoniker nicht mehr wie eine frühchristliche Sekte, sondern wie eine Armee des Guten: „Wir tragen jetzt schwarze Uniformen, die mit universellen Friedensemblemen geschmückt sind einem Herz, einem roten Kreuz, einem Symbol für Einigkeit und schließlich noch mit einer goldenen Anstecknadel, auf der unser Name steht“, berichtet der texanische Bandleader, dem neuerdings das Bandmitglied Julie Doyle als Co-Songwriterin zur Seite steht. Viel geändert hat sich nicht, es geht nun bloß ein wenig opulenter zu, und der Gesang wird noch stärker vom Chor getragen.

Der langjährige Fan David Bowie hat sein Urteil bereits gefällt: „Probably the Poly’s best and deepest album yet“. Kann man so aber nicht sagen, auch die Vorgänger waren schon reich an großartigen und bombastischen Momenten. Der mitreißende Höhepunkt ist diesmal „Mental Cabaret“, aber auch „Running Away“ und der Titelsong „The Fragile Army“ haben diese dynamische Wucht, für die man offenbar wirklich komplexe Arrangements und ein ganzes Orchester plus Chor braucht. Aber natürlich ist diese Art Musik Geschmackssache: Der Musikvideo-Regisseur Mike Mills beauftragte Tim DeLaughter und The Polyphonic Spree mit dem Soundtrack seines Spielfilmdebüts „Thumbsucker“, während das Branchenblatt „Entertainment Weekly“ das letzte Album „Together We’re Heavy“ zum zweitschlechtesten Album 2004 kürte.

The Polyphonic Spree verstecken sich eben nicht hinter einer ironischen Haltung—und das ist für manchen Kritiker schwer zu akzeptieren. Auch das Bekenntnis zum Kollektivismus und die Haltung, Musiker nicht nach speziellen Talenten zu besetzen, sondern ihnen die zentrale Frage zu stellen: Möchtest du Teil von etwas sein? – all das wirkt schrullig und etwas kauzig. Aber es ist immerhin eine Haltung – im Unterschied zu anderen Bands, die Me-too-Produkte sind, weil sie austauschbar und verzichtbar sind in ihrer öden Gleichförmigkeit.

The Polyphonic Spree sind Gospel im Rock-Format, sie glauben an das Gute und haben dennoch Stil. „The Fragile Army“ ist ihr neues Meisterwerk, aber wenn es dieses Jahr wieder nicht klappt mit einer Deutschland-Tour, dann bin ich wirklich sauer.

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