The Strokes – Is This It
Die coolste Band der Welt spielt auf ihrem Debüt elf Monstersongs
Die Jungen wurden fast ohnmächtig vor Freude, die Alten aber schüttelten bedächtig den Kopf. Für die einen war es mindestens das neue „Nevemtind“, für die anderen waren es wieder nur die Voidoids. Oder Lou Reed. Oder die New York Dolls. Oder Television. Ach so. Die muss sich der Emocore-Enthusiast natürlich erst mal kaufen. Na dann.
Die Strokes stammen aus New Tfork, geben die ausgebufften Straßentypen und sehen aus wie eine seit 30 Jahren abgehangene Mischung aus feuchten Träumen von Calvin Klein und der Penner-Attitüde von Mode-Punks. Schon flüstert jemand, die seien doch wohl ebenso gecastet wie die Arschgeigen von ‚N Sync. Sogar die Biografien mit rebellischem Gestus und Internatsaufenthalt in Europa wirken wie augedacht. Und dann ist Julian Casablancas auch noch der Sohn des alten Model-Agentur-Casablancas, des ehedem coolsten Mannes der Welt Und schreibt jetzt die coolsten Songs der Welt Ja, liebe Freunde: Es ist wieder Zeit für eine kleine Revolution, bloß als Rolle rückwärts. Die Strokes sind natürlich die Retter des so genannten Musikjournalisten, denn jetzt scheppert das Schlagzeug wieder, der Bass wummert, und die Gitarren, jawohl, sie mäandern. Oder umgekehrt! Casablancas Gesang aber hat den drawl, man könnte auch sagen: Er singt in ein sehr altes Mikrofon, fast ein Megafon, weshalb er fern und lässig klingt. So klingt die ganze Platte: fern und lässig. Oder sagen wir es mit dem Punkrocker Walter Benjamin: eine Ferne, so nah sie auch sein mag. Denn einerseits versetzen uns die Strokes in die 70er Jahre zurück, die sie bestenfalls aus der Perspektive des Stöpsels vor der Eisbude kennen. Insofern ist die Nähe zu guten alten Gitarren-Bands wie Television immer schon vermittelt Andererseits sind die Strokes vollkommen gegenwärtig. Erstmals seit Ewigkeiten konnte der „New Musical Express“ eine Band entdecken (wie jeder Mensch, der nur zwei Songs von „Is This lt u gehört hat), statt so glamouröse Figuren wie Mercury Rev auf den Titel zu tun. Eben noch waren wir eingeschlafen zwischen Dylans jenseitigem Spätwerk, Aaliyahs Allüren und dem autistischen Gezwitscher von Björk, der üblichen Spätsommer-Lieferung.
Und jetzt: „When we was young, oh man, did we have fun/ Promises, they break before they’re made/ Sometimes, sometimes.“ Soweit „Someday“, einer der besten unter ausschließlich sensationellen Songs. „No, I ain’t waistin‘ no more time.“ Hier geht es ums Jungsein an sich, um Ausbruch und Verwirrung. „Life seems unreal/ Can we go back to your place?“
Elf Songs, kurz, ruppig, schmutzig, laut, unbedingt, begehrlich, roh, sexy, sinsister, unwiderstehlich. Eine Platte wie Marion Brando in „On The Waterfront“ (am Ende).
Ich glaube ja, dass ihr Guru JP Bowersock, der ein bisschen aussieht wie Lester Bangs, diese Monstersongs geschrieben hat Und wenn.