The Velvet Underground :: Bootleg Series, Vol. 1 :: TheQuineTapes

Als Atlantic 1972 den Brigid-Polk-Cassettenmitschnitt eines der letzten Velvet Underground-Konzerte unter dem Titel „Live At Max’s Kansas City“ (das „erste legitime Bootleg“, wie die Firma meinte) veröffentlichte, war das der nachgelieferte Beweis, was für eine wundervolle kleine große Rock ’n’Roll-Band das zum Schluss war. Wenn Lou Reed da den Drogensong „I’m Waiting For The Man“ als einen „tender folk song from the early 50’s“ ankündigte, war das auch sein sarkastischer Kommentar zur eigenen Erfolglosigkeit.

Eine ganze Klasse besser noch war die zwei Jahre später nachgereichte, auf zwei CDs noch immer erhältliche Doppel-LP „Live 1969“ (Mercury, 4,5 ), eine Sternstunde (genauer gesagt 103 Minuten) der größten konzertanten Rockmusik und bis heute ein faszinierendes Tondokument, aufgenommen in San Francisco (!) und Texas (!!), wo man der Musik dieser Band notorisch herzlich wenig abgewinnen mochte. Weshalb für das Album der zögerliche bis höfliche Applaus eines ziemlich indifferenten Publikums zwischen den Songs denn auch zumeist gnädig ausgeblendet wurde. Was man bei diesen von Robert Quine etwa zur gleichen Zeit, nämlich November/Dezember 1969, mitgeschnittenen Cassettenaufnahmen auch tat. Die Warnung vorweg: Das ist allen Tricks moderner digitaler Restauration zum Trotz echt Sub-Bootleg-Qualität. Quine ließ, in den zwei San-Francisco-Clubs vor der Bühne sitzend, einfach seinen Recorder mitlaufen.

Von „Sister Ray“ findet man hier gleich drei verschiedene Aufnahmen jeweils als Marathon-Finale, jede davon in komplett anderem konzertantem Arrangement, jede faszinierend. Auf diese 24 bis 38 (!) Minuten langen Performances konnte eh nichts mehr folgen. Zugaben sowieso nicht. Die wenigen neuen Songs, die später auf „Loaded“ auftauchen sollten, hatten hier noch nicht ihre definitive Form angenommen. Aber gerade deswegen dürften die Frühfassungen von „Ride Into The Sun“ oder auch Raritäten wie „Over You“ und „It’s Just Too Much“ für alle Bewunderer des Quartetts so interessant sein. Mit wieviel Verständnislosigkeit Lou Reed bei der Hippie-Klientel des Family Dog und des Matrix (wo manchmal zu Beginn des Konzerts gerade mal vier oder fünf Besucher den Club „füllten“, wie Quine in den Liner Notes anmerkt) vorab rechnete, wird spätestens da klar, wo er das in epischer Länge (mit über elf Minuten doppelt so lang wie die Studio-Langfassung auf der „Fully Loaded Edition“!) zelebrierte „New Age“ mit der Bemerkung ankündigt: „This is a very interesting song.“ Soviel Untertreibung (oder Ironie?) war selten.

Der überragenden Mitschnitte wegen ist dieses Album ein unverzichtbares Sammlerstück.

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