The Who – Who’s Next :: Polydor

Vermutlich war es sogar gut, dass Pete Townshend mit dem ganzen „Lifehouse“-Projekt einfach nicht zu Potte kam und zwischen „Tommy“ und „Quadrophenia“ dann doch nicht noch ein weiteres Konzeptalbum vorlegte. Eines Tages wird „Lifehouse“ womöglich definitive Gestalt annehmen. Er arbeite immer noch daran, erklärt Townshend in den Liner Notes hier. Vielleicht recherchiert er im Internet.

Richtig war die Entscheidung, wenige Monate nach den von Kit Lambert produzierten New York-Sessions mit Glyn Johns, Nicky Hopkins usw. in London ins Studio zu gehen, am Ende doch. Was perfektes cmftsmanship angeht, gibt es kaum ein Rock-Album, das „Who’s Next“ übertreffen würde. Ach was: gar keines! Und dass diese Platte irgendwo ein Torso sei, ist Nonsens. Wie (kon)genial Glyn Johns da seine Produzentenrolle ausfüllte, wird erst recht deutlich, wenn man die endgültigen mit den – bislang teils unveröffentlichten – Frühfassungen auf CD 1 dieser Deluxe Edition vergleicht. So reizvoll die Erstfassung von „Getting In Tune mit dem langen Gitarrensolo ist, so richtig war es, das letztlich um zwei Minuten zu kürzen und das Vbkalarrangement umzuschreiben; die Cover-Version von Marvin Gayes „Baby Don’t You Do It“ ersatzlos zu streichen; John Entwisde einen neuen Song beisteuern zu lassen; und auch „Won’t Get Fooled Again“ neu zu arrangieren.

Keith Moon hatte sich bei den Record Plant-Sessions bestens für die neuen Songs eingespielt. Aber es war allen voran Roger Daltrey, der wenige Monate danach zu absoluter sängerischer Höchstform aufgelaufen war. Das wird (fast) nirgends evidenter als bei seiner Interpretation von „Behind Blue Eyes“ – zaghaft, unsicher in der ersten, grandios in der finalen Version. Und natürlich bei „Won’t Get Fooled Again“, dieser anderen definitiven Protesthymne nach „My Generation“ mit Daltrey in der Form seines Lebens.

Es scheint (wirklich?) von den Stargroves- und Olympic Sessions keine Studio-Outtakes zu geben, die man für diese Edition als Bonus-Zugabe hätte ausgraben können. Dafür aus den vielen vorhandenen Demos und Aufnahmen des „Lifehouse“work inprogress so etwas wie einen Listener’s Digest auf zwei CDs zusammenzustellen, wäre aber auch doof gewesen. Zumindest bestätigen die sechs New Yorker Aufnahmen hier den Spruch, dass gut Ding manchmal Weile haben will.

Noch mehr in tune spielten sich die Who bei dem Konzert im Young Vic Ende April 71, wo eine Hand voll „Who’s Next“-Songs ihre Live-Premiere hatten. Weitestgehend vormals unveröffentlicht und gänzlich neu abgemischt, liefern diese Aufnahmen einmal mehr den Nachweis, dass die Who damals (neben den Allman Brothers?) wohl doch die größte Li ve-Band im ganzen Rock’n‘ Roll waren (bevor Springsteens E Street Band neue Maßstäbe setzte).

Das neue Remastering der Original-LP ist – egaL was man sonst gelegentlich an der Arbeit von Jon Astley kritisieren musste – schlicht sensationell.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates