Thomas Bernhard

Der Wahrheit auf der Spur

Suhrkamp

Gemessen an den postumen Veröffentlichungen scheint der Suhrkamp Verlag Thomas Bernhard zu einer Art literarischer Entsprechung von Johnny Cash aufzubauen. Nach dem Briefwechsel mit Siegfried Unseld, den Filmen von Krista Fleischmann und Ferry Radax und jüngst dem fast jenseitigen Band mit späten Erzählungen, „Goethe schtirbt“, versammelt „Der Wahrheit auf der Spur“ nun allerlei Zeitungsartikel, (Leser-)Briefe, Reden, Beschimpfungen, Schelmereien und Interviews, die teilweise bisher nur schwer oder gar nicht zugänglich waren.

Besonders bemerkenswert sind hier die Texte, die vor Bernhards ersten längeren Prosaveröffentlichungen entstanden. Schon in einem Vortrag zum 100.  Geburtstag von Arthur Rimbaud aus dem Jahr 1954 läuft die Bernhardsche Empörungs- und Übertreibungsmaschine auf Hochtouren – wenn auch noch nicht ganz so geschliffen und musikalisch wie in den folgenden Jahren. Wenig später legt Bernhard sich erstmals mit dem österreichischen Literaturbetrieb an und beginnt, sein am Großvater geschultes, zutiefst romantisches Künstlerbild gegenüber „Gedicht-Verwaltern“, den „unbedeutendsten Zeitungsblätter(n) der Welt“ und „Literaten, … die … in den Kaffeehäusern an lebendigem Leib vermo­dern“ zu verteidigen. Am Ende dieser oft hochkomischen Sammlung steht natürlich – auch hier ist Bernhard ganz Romantiker – der Appell zur Rettung der Gmundener Straßenbahn.