Tindersticks :: Can Our Love…

Wenn die Phantasie uns nicht täuscht, dann hausen die Tindersticks seit acht Jahren wie Grottenolme im Keller eines viktorianischen Theaters in Nottingham oder London, die Augen ans ständige Dunkel gewöhnt Ab und zu bringt ihnen jemand Zigaretten. Für menschliche Ohren ist ihre Musik eh nicht gedacht Zu weise, zerbrechlich und verstörend.

Unberührt von den Zirkeln des Lebens leben sie aber nicht da unten. „Tm ready now“, vermeldete Sänger Stuart Staples auf der letzten Platte, die als Umschwung zur Heiterkeit verstanden wurde, „can we Start again?“ Er schien eine Frau zu meinen. Sie haben es versucht, es hat wieder nicht geklappt Nach drei Großwerken und allerlei hübschen Petitessen legten sie die etatmäßigen Anzüge ab – und es ward Lounge-Pop, wo früher Boudoir-Romantik war.

Die nun anstehende Frage kommt Staples nicht mal mehr ganz über die Lippen: „Can Our Love…? Der Song, das Album. Ob die Liebe noch wachsen kann, ob das Ganze irgendwo hinfuhrt Dickon Hinchliffe pickt dazu die Gitarre, als ob er Otis Redding begleiten wollte. Wo bei dem das große Finale mit Ausbruch und Selbstentgrenzung gekommen wäre, zieht hier wieder Stille ein. Der Sänger hat sich abgewandt Am Soul haben sich die Tindersticks schon früher abgearbeitet, haben Otis und die Four Tops gecovert Jetzt nutzen sie sein ganzes dämonisches Potenzial, am mächtigsten in „Sweet Release“, einer Klage, wie sie weder Mensch noch Tier hinbekommen, nur die Hammond-OrgeL Staples, der vom eigenen Herzen erdrückt zu werden scheint, ringt um Worte: „It’s too late to love me“, süße Erlösung muss kommen, im Orgasmus oder im endgültigen Loslassen. Alle Stimmen, die in seinem Kopf gegeneinander brüllen, sind zu hören, die zirzenden Geigen, die beschwichtigenden Blaser. Ein Exorzismus.

Das meiste machen sie unter sich aus, in kleiner Combo und mit wenig Akkorden, denn der Soul-eigene Community-Gedanke jagt Staples Angst ein: „So busy chasing dreams, I left myself behind“ singt er in JDying Slowly“ – endlich wieder mit der gebrochenen, barmenden Schlafzimmer-Stimme -, einer Nachschrift zum alten Song „Travelling Light“, in dem es darum ging, dass man nicht alle Bilder und Geschichten mit sich tragen kann. „Tve seen it all and it’s all done“, resümiert Stuart Staples heute. Und blinzelt aus der Nacht ins verregnete Gegenlicht des angebrochenen Tages. Welcome back.

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