Tindersticks :: Waiting For The Moon :: Beggars

Im Mai 1995 spielten die Tindersticks im Burggarten auf dem Prager Hradschin. Als ich von dort in Richtung Stadt herunterstieg, hörte man sie in der Ferne spielen, der helle Mond wies den Weg. Irgendwann hatte ich die Fährte der Tindersticks verloren und ging ein paar Schritte zurück. Um noch ein bisschen zu lauschen, setzte ich mich auf eine Treppenstufe.

Als 1993 das Debütalbum der Tindersticks erschien, ließ sich so mancher ins das dunkle Reich dieser wundersamen Band entführen. Eines der besten Alben des Jahrzehnts. Mindestens. Die Tindersticks taten danach, was man nach einem Meisterwerk eben macht: noch eins. Weniger dicht, dafür um so schöner. Es folgte „Curtains“. Die Überspitzung. Die selbstironische Distanzierung. „We are sensitive and important“, sang Stuart Staples. Dann verloren sie sich in Soundtracks und Soul. Auch sie schienen die akustische Fährte verloren zu haben.

Auf dem Cover zum stellenweise ganz schönen „Can Our Love…“ tauchte dann der Esel wieder auf, den ein Rezensent schon zur Singles-Sammlung „Donkeys 92-97″ getanen hatte. Die Tindersticks waren einen Schritt zurückgegangen, mussten sich aber noch etwas anstrengen, um etwas zu hören.

Nun“ Waiting For The Moon“.

Ein Nachtstück. Ein Album übers Wachliegen. Die Gedanken, die einen umkreisen, während man auf den Schlaf wartet.

Das bittersüße „Until the Morning Comes“, das sehnsüchtige „Sweet Memory“ und „Sometimes It Hurts“, ein Duett mit Lhasa de Sela, gehören zu ihren vielleicht nicht besten, so doch schönsten Stücken überhaupt. Mindestens zwei Songs erreichen gar Brillanz und Dichte des Frühwerks: das manische, langsam anschwellende „Say Good Bye To The City“ und das bedrohliche „4:48 Psychosis“: „But you have friends/ What do you offer your friends to be so supportive?/ What do you offer?“

Mit „Waiting For The Moon“ sind die Tindersticks wieder in Hörweite. Manchmal dreht sich jedoch der Wind und weht aus einem kleinen Kofferradio weit entfernt Klänge von Lee Hazlewood, Burt Bacharach, Marvin Gaye, Serge Gainsbourg, Ennio Morricone, Scott Walker und The Velvet Underground zu uns herüber.

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