Tindersticks :: Working For The Man
Jaja, „No More Affairs“, „Jism“, „A Night In“, „Mistakes“ fehlen. Aber die beiden ersten Tindersticks-LPs (und die Live-Platte „Bloomsbury Theatre“) sollte ja bitte jeder Mensch besitzen. Die angeblich limitierte zweite CD ist jedoch – unbeschadet der „Donkeys“-Kollektion – eine erfreuliche Angelegenheit. „Milky Teeth“, „Fruitless“, „Summat Moon“, „Benn“, „Plus de Liaisons“, „Waiting ‚Round You“, „Here“ von Pavement und die unvergessliche „Kathleen“ von Townes Van Zandt – das sind die „filmischen“, manchmal nur instrumentalen Interludien, die in der Summe grandiosen Petitessen einer Band, die im Mikrokosmos stets das Größte fand: Obsessionen, Schwermut, Fanatismus, Verfallenheit, Fieber, Wahnsinn und Krankheit zum Tode. Neben den Platten von Pulp waren es die schönsten und auch haltbarsten englischen Werke der Neunziger, die eben noch nicht erschöpft sind.
Die Welt der frühen Tindersticks verhielt sich zur Realität wie das Bildnis der Flamenco-Tänzerin auf dem Cover des ersten Albums zu seinem Original: Das Gemälde ist eine populäre Reproduktion, die in Restaurants ebenso hängt wie in Bordellen und Hausmeisterwohnungen. Aber auch, wenn man das weiß, behält das Motiv seinen morbiden, plamourösen Zauber. Es gibt keine zweite Band, die alle Klischees von der Liebe so über die Grenzen getrieben hat wie die Tindersticks.
Wie Stuart Staples gebrochen „I got shoes full of holes when you took me in“ brummelt, wie er zwischen den Zehen einer Frau eifersüchtige Drohungen nuschelt, wie er in „Another Night In“ zu diesem elegischen Streicher-Drama beobachtet, wie sie die Haare hinter die Ohren streicht, und wie er an jenem Tag, als die Sonne nicht scheint, zu tief hängenden Geigen nach Kathleen sucht, um dann im endlosen, tosenden Meer unterzugehen: einzigartig, unerreicht, unvergleichlich.