Tom Liwa – Dudajim

Rinde, Körner, Holz, die Dreieinigkeit aus dem Reformhaus. Wer Popmusik als säkulare Kunst begreift, muss den Duisburger Sänger Tom Liwa für endgültig verloren halten: Krippenfiguren, ein Lied über den Stall in Bethlehem, ein Harfen-Instrumental. Man braucht wohl eine solide Grundsympathie für Liwa, um sich dieses wundervolle, schillernde Album überhaupt anzuhören. „Dudajim“ ist am Ende nur so hippiehaft wie die Gedanken, die jeder Großstädter hat, wenn er nachts in der Küche sitzt.

Tom Liwas neue Freunde spielen federnd, wasserfarbig, vermeiden das Bröckelnde, das sein geraunter Gesang herauszufordern scheint – charakterlich erinnert das oft an den Swing des südamerikanischen Jazz-Folk und, im Kosmos des Künstlers, an das erste Solo-Album „St. Amour“. Vom Spötter im Gebälk hat sich Liwa seit den Tagen der Band Flowerpornoes ja zu einem der seltenen Sänger entwickelt, die mit dem Alter zwar Weisheit sammeln, aber keine lehrreichen Endergebnisse haben, mehr ein Standbild vom Fluss der Gedanken, manche davon ziellos. Die politischen Lieder, die er mit der Gruppe No Existe gemacht hat, waren das Äußerste. Falls da etwas Greifbares ist, das er aus Bethlehem mit in die anderen „Dudajim“-Songs genommen hat, dann eine Art von gelöster Zuversicht. Es gibt wenig Melancholie hier; Liwa hat Berge bestiegen, ist durch die Felder gerannt, hat „Die Drachen von Eden“ von Carl Sagan gelesen und Yerba-Tee getrunken, in Nächten weich wie Katzenfell. Eine Sammlung von Open-air-Liedern, bis der Sänger aus dem wackligen Hochbett von den frivolen „Zwei Schwestern“ erzählt und vom Joint und der Aufbruchsstimmung im Sterbezimmer des Vaters. „Hühnchen ohne Federn“ klingt sogar wie Syd Barrett, und in „Licorice“ – für die Violinistin der Incredible String Band, der die Platte gewidmet ist – bringt Liwa den leisen Anfang von „Son Of A Preacher Man“ und das laute Ende von „Hey Joe“ zusammen. Ein seelenruhiger Songwriter.

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