Tom Petty & The Heartbreakers – She’s The One

Seinen bisher stärksten Auftritt als Filmmusiker erahnte Tom Petty bestenfalls, damals, ab er gleich am Premierentag in die Nachmittagsvorstellung von „Das Schweigen der Lämmer“ geeilt war. Noch viel weniger ahnte dieses gutgelaunte und doch so unglückliche „American Girl“, das geradewegs seinem Schlächter Buffalo Bill in die Arme fahrt, während der gleichnamige, frühe Petty-Klassiker aus dem Autoradio scheppert. Ein beschäftigter Petty, der Jonathan Demme vertrauensselig die Verwendung einiger Songs gestattet hatte – ohne den genauen Verwendungszweck zu kennen -, vermutete später, der von ihm hochgeschätzte Regisseur habe mit dieser Wahl „die Atmosphäre jener Zeit“ heraufbeschwören wollen. Doch es war mehr als das: Demme rückte mit dieser gespenstischen Sequenz auch die dunkle Seite nicht weniger Petty-Songs ins (im wahrsten Sinne des Wortes) Blickfeld – eine Qualität, die sonst oft hinter der Aura und dem Image des Good-time-Rockers verschwand.

Und nun also, eine kleine Ewigkeit später, Pettys erster „richtiger“ Soundtrack. Keine Score-Musik (bis auf zwei Instrumentals), sondern Petty-Songs zu einem Film, dessen Bilder sich auch jenseits der Leinwand gleich erschließen wollen, nur anhand eben dieser Songs. „You know who I am, don’t treat me like I’m someone else“, fleht Petty in „Grew Up Fast“, das eine verkorkste, verlorene Jugend in Zeitlupe rekapituliert Dafür wird später ein Preis zu entrichten zu sein. Es folgen: zu viele Worte und zuwenig Vertrauen, Loyalitäten am Scheideweg – und damit Menschen, die „alles tun werden, damit du dich wie ein Arschloch fühlst“, wie Petty schön sarkastisch säuselt Doch wo eine Identität verlustig ging, gibt’s meist auch Fluchtwege zu einer neuen, die ja in den USA immer ziemlich nah liegen. Also gleich hinter der nächsten State border.

„She’s The One“ hat nicht ganz den langen Atem, die süffige Meisterschaft von „Wildflowers“. Dennoch gebietet Tom Petty auch mit seinen Heartbreakers und wechselnden Gast-Schlagzeugern souverän über ein ihm treu ergebenes Stil-Kompendium zwischen trashigem R&B („Zero From Outer Space“) und lyrischem Folk-Impressionismus („Angel Dream“). Und über allem können die Beatles und ein paar andere, hinlänglich bekannte Ahnen so schön schweben, wie sie wollen: Petty bleibt doch stets sein eigener Herr.

So ist „She’s The One“ ein gutes, streckenweise vorzügliches Petty-Album geworden. Ob es auch ein guter Soundtrack ist (zu einem schlechten Film?), muß sich erst noch erweisen. Wenn die Musik die Bilder erklären muß, haben die Bilder recht eigentlich schon verloren. Oder: Tom Petty sollte vielleicht doch wieder ein bißchen ahnungsloser an die Sache rangehen.

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