Tyler, The Creator

Wolf

Sony

„Wolf“, das dritte Album des 22-jährigen Rap-Kronprinzen Tyler, The Creator, langweilt nun schon seit Wochen: eine zu schleppenden Beats vorgetragene, äußerst deprimierende Murmel-Litanei, die sich fürchterlich ernst nimmt. „NME“, „Pitchfork“ und die üblichen Besserwisser-Blogs sind von „Wolf“ trotzdem begeistert. Die Adoleszenz-Probleme des oft auf Kinderfahrrädern posierenden Mitglieds der Odd-Future-Gang interpretieren die Kollegen als komplizierte Suche nach einem komplizierten Selbst. Dabei ist das bisherige Werk von Tyler Gregory Okonma eher ein wirres Patchwork aus verschachtelten semi-autobiografischen Geschichten, die sich über mehrere Alben erstrecken: „Wolf“ ist ein Prequel zu den Vorgängern „Bastard“ und „Goblin“. Man kennt Vergleichbares von J. R. R. Tolkien, nur dass die Goblins dort Hobbits heißen. Sogar ein Therapeut wird eingeführt, um die Erzählstränge zu entwirren und die diversen Alter Egos zu bändigen. Aber man muss schon tief drin sein in dieser Privatmythologie, um den dünnen Faden der irren Story nicht zu verlieren.

Seine auf „Goblin“ noch allgegenwärtige Homophobie hat Tyler etwas zurückgefahren. Bitches sind allerdings immer noch bitches und das stereotype Männerbild des HipHop intakt. Mit „Answer“, einem betont gefühlvollen Monolog auf die Mailbox seines Vaters, nutzt Tyler das Album als therapeutische Ledercouch. „Slater“, ein weiterer dunkler Strom aus dem Unterbewusstsein und eins von gleich vier Stücken mit Frank Ocean, beweist allerdings, dass es auf „Wolf“ auch gute Stücke gibt. „PartyIsn’t- Over/Campfire/Bimmer“ (mit Stereolabs Laetitia Sadier) gehört ebenfalls dazu. „Pigs“ dagegen zeigt Tyler von seiner schwulenfeindlichsten Seite: „Geek, fag, stupid loser find a rope to hang.“

Man könnte die Exegese sicher noch weiter treiben, aber „Wolf“ ist natürlich auch das uneigentliche Sprechen eines 22-jährigen Rappers, der aus seiner Lebenswelt in Los Angeles berichtet. Als Meisterwerk feiern muss man ein so ambivalentes und auch musikalisch eher durchschnittliches Album wie „Wolf“ jedenfalls nicht.