Umsonst und draußen :: Detlef Kuhlbrodt
Als „Miterlebende“ seien er und seinesgleichen „zu Büchern gekommen“, schreibt Detlef Kuhlbrodt in diesem literarischen Tagebuch von März 2006 bis August 2008, und das definiert schon ziemlich genau seine Methode. Er kann sich nichts aus dem Füller lutschen, er muss dabei gewesen sein. Und die so entstehenden kleinen sensualistischen Alltagserkundungen und -in den gelungensten Texten -Illuminationen scheinen dann auch keinem Kalkül zu gehorchen. Sie sind im besten Sinne Gelegenheitstexte, der jeweiligen Situation abgelauscht. Der Zufall gehört unmittelbar zum poetologischen Prinzip. Das wirkt offenbar auf einige so kunstlos, dass man ihm nach Erscheinen seines ersten grandiosen Skizzenbandes „Morgens leicht, später laut“ zu bedenken gibt, „wenn Unseld noch leben würde“, hätte er „sicher kein Buch bei Suhrkamp machen dürfen“.
Aber was fehlt, ist nicht die Kunst, sondern bloß das Geprotze damit. Kuhlbrodt macht seine Sprache durchlässig für das Atmosphärische, für emotionale Gestimmtheiten. Und selbst seine lebensphilosophischen Exkurse haben etwas Vorläufiges, Schwebendes, wollen gar nicht unbedingt überzeugen. In den Siebzigern nannte man das mal „Neue Sensibilität“, und diese wunderbaren Jahre sind wohl auch der Fluchtpunkt seines Schreibens. Der Titel des Buches spielt an auf das „Umsonst & Draußen-Festival in Vlotho 1978“, das geradezu leitmotivisch immer wieder aufgerufen wird als der, wie er ironisch bemerkt, „Höhepunkt der westdeutschen Hippiekultur“. Dieser menschenfreundliche, empathische, mit sanften Drogen getunete und leicht neben sich stehende Geist jener Jahre weht einen noch einmal an in Kuhlbrodts Prosa. (Suhrkamp, 12 Euro)