Vic Chesnutt – Skitter On Take-Off

Wer seine beiden Alben mit den Musikern von A Silver Mt. Zion vor allem dafür liebt, dass sich Vic Chesnutts brüchige Stimme bei aller Verzweiflung so guttural und kraftvoll gegen die manchmal furios tobende Kulisse stemmt, der darf die Akte „Skitter On Take-Off“ schon jetzt getrost schließen. Denn kunstvoll tarierte Arrangements, geschmackvolle Theatralik und stilistische Variabilität gibt es diesmal nicht. Sondern eine anfangs geradezu schockierende Reduktion, knirschende Töne von der Akustischen, ab und zu ein bisschen Harmonium-Klang von Producer Jonathan Richman und sanfte Beats seines Drummers Tommy Larkin. Diese Songs sind wie frühe Demos, quasi skelettiert, tastend und zögerlich gespielt, oft ohne entschlossenen Anfang oder dann auch ohne richtiges Ende.

Mit offenem Mikro ringt Chesnutt für die neun neuen Nummern noch um seinen erzählerischen Rhythmus und die passende Vortragsfarbe. „Einige der Lieder habe ich bei der Aufnahme erstmals laut gespielt“, sagt er. Ein dramatischerer Bruch mit den Sounds des erst vor wenigen Monaten erschienenen „At The Cut“ ist undenkbar. Faszinierend ist der Blick in die provokativ unaufgeräumte Werkstatt des Songwriters aus Athens/Georgia aber allemal. „My New Life“ etwa entwickelt gerade daraus Authentizität und Dynamik, dass sich das Trio von der Suche des Sängers gerne mitreißen lässt. Der widerwillig auch bewundernde Hassgesang auf Irakkrieg-Profiteur „Dick Cheney“ profitiert vom noch frisch pulsenden Adrenalin. „Unpacking My Suitcase“ ist eine spontane, wunderschöne Liebesbekundung an die gerade zurückgelassenen Freunde, „Society Sue“ zeigt, wie Gänsehaut erzeugend roh Tom Petty schon Ende der 80er Jahre hätte klingen können, wenn er nicht Co-Wilbury Lynne die Regler überlassen hätte.

Speziell bleibt das Album aber auch bei mehrfachem Hören. Unvollkommenheit (um es vorsichtig zu umschreiben) ist eben keine originäre Qualität. Doch gerade unter dem Kopfhörer offenbart sich auch, dass der verhauene Ton ein gut erträglicher Preis für größtmögliche Emotionalität sein kann.

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