White Lies :: Ritual
Die Briten lassen sich von Alan Moulder zu sehr herunterkühlen.
Gerade noch einmal „Death“ gehört, um sich zu erinnern, zu welch großen Songs die White Lies fähig sind. Und um zu merken, dass sie schon damals einen Guilty-pleasure-Beigeschmack hatten. Die Keyboards zu käsig, Harry Mc-Veigh zu dramatisch – und diese Texte! „I love the quite of the night time/ When the sun is drowning in the deathly sea.“ Himmelhilf. Aber toll war’s.
Man will ja nun gar nicht darüber mäkeln, dass sich die White Lies mit „Ritual“ verändern wollen. Das ist immerhin mutig genug, da das Debüt in Großbritannien Platz eins war. Auch die Wahl des Produzenten ist lobenswert: Alan Moulder ist ein Guter. Depeche Mode, My Bloody Valentine, Nine Inch Nails. Coole Bands, kühl abgemischt. Klingt wie ein perfect match für die White Lies.
Leider geht die Rechnung bei „Ritual“ nur in wenigen Fällen auf, weil die Songs klingen, als hätten sich die White Lies im Wunderland der Moulderschen Möglichkeiten verlaufen und nur manchmal gemerkt, dass sie ja auch diese Riesen-Refrains können, die sich gut unter einer Stadiondecke machen. „Is Love“ ist gleich ein gutes Beispiel: Da treten sie knapp anderthalb Minuten zum Trent-Reznor-Gedächtnisklirren auf der Stelle, um plötzlich in eine Schwarzhemden-Schunkeldisco zu laufen. „The Power And The Glory“ bleibt ähnlich unentschlossen. Erinnert der Titel an Queen, ist der Song eine schwer nachvollziehbare Folge aus düsterem Streicher-Streichen, soften EBM-Beats und einer sich penetrant wiederholenden Gesangsmelodie, die sich mit dem Charme einer Bohrmaschine einfräst.
Die bekannte Single „Bigger Than Us“ und die starken letzten zwei Minuten in „Come Down“ schmerzen dann besonders – nicht, weil sie nicht gut wären. Im Gegenteil: Sie zeigen, dass die White Lies großen Pathos-Pop können. Hier leider zu selten. (Universal) Daniel Koch