Willie Nelson – Niqht And Day

Lange schon, sagt Willie Nelson, habe er den Wunsch gehabt, ein rein instrumentales Album aufzunehmen. Musik ohne Vocals sei so überaus entspannend für den Hörer, denn man könne noch andere Dinge nebenbei tun. Klingt nach einer Apologie von Muzak, ist aber anders gemeint. Transzendental. Der texanische Volksheld hat sich nämlich aus allen möglichen und unmöglichen Versatzstücken von Religionen, Prophetien und anderen fixen Ideen seinen ureigenen spirituellen Kosmos zusammengezimmert. Indianische Rauchzeichen, Buddhismus, Yoga, Meditation und so. Und dabei sei Musik eben sehr hilfreich, sofern das gesungene Wort nicht ablenke. Wallpaper-Klänge als Wohlfühl-Faktor für den Eso-Trip? Nein, keine Bange. Nicht „Night And Day“. No, Buddha.

Zu konzise sind die Arrangements, zu punktgenau das Interplay zwischen Willies alten Mitstreitern wie Schwester Bobbie, Jody Payne, Paul English und Mickey Raphael, und so namhaften Gästen wie Fiddler-Denkmal Johnny Gimble. Es ist hörbar Hirnschmalz investiert worden, man möge sich von der scheinbar beiläufigen, ja lässigen Art nicht täuschen lassen, mit der hier musiziert wird. Und auch nicht von den kargen Tonsetzungen und den sparsamen, um nicht zu sagen geizigen Licks und Fills.

Willie Nelsons Saitenspiel war von jeher mehr dem Jazz verpflichtet als der Hoedown-Tradition des Country & Western. Sicher, Chet Atkins stand Pate für die Harmonik etlicher Willie-Tunes, Les Paul lieh den Sound und ohne die Fingerpickin‘-Pioniertaten eines Merle Travis wären Nelsons Fretboard-Geschöpfe blutärmer, abgeklärter. Doch konstitutiver für den spezifischen Willie-Swing waren fraglos die beiden großen Gitarristen der Vorkriegszeit, der Texaner Charlie Christian und der Belgier Django Reinhardt. Vor allem die ungemein flüssigen, kaskadenhaften Läufe des Zigeuners prägten Nelson, Djangos Rhythmik und nicht zuletzt sein romantischer, glutvoller Vortrag. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass Reinhardt mit 18 ahren zwei Finger der linken Hand verlor, sein vielkopierter Stil also aus der Not dieses Handicaps geboren wurde.

Eine so reduzierte wie stimmungsvolle Fassung von Reinhardts „Nuages“ gehört zu den Highlights von Willies Instrumental-Album, neben einer Mex-gefarbten Version von Cole Porters „Night And Day“ und der sanft trabenden Gypsy-Variante von „Sweet Georgia Brown“. Swingende Standards, samt und sonders. Ein feiner Begleiter also für Willies nostalgisch flirrendes Vokal-Glanzstück „Stardust“. Oh, Buddha.

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