Rewind Today 1967: John Coltrane stirbt

John Coltranes sprituell-eruptives "A Love Supreme" von 1964 gehört zu den Höhepunkten des Jazz. Selbst Genreskeptiker und Atheisten hatten mit diesem Album ihr Erweckungserlebnis. Wenige Jahre später, am 17. Juli 1967, starb das Jazz-Schwergewicht Coltrane an Leberkrebs.

Als John Coltrane am 17. Juli 1967 mit 40 Jahren in New York an Leberkrebs stirbt, hatte der Jazz seinen sanften wie suchenden Saxophon-Giganten verloren. Wir erinnern an diesen Tag mit einem Blick ins Archiv und stellen die 2005 wiederentdeckte Liveaufnahme mit Thelonious Monk „At Carnegie Hall“ vor. Neben „One Down, One Up“ (ebenfalls 2005 erschienen) ist dies sicherlich die letzte bahnbrechende posthume Veröffentlichung von John Coltrane.
Zwei von Coltranes Livealben finden sich übrigens auch in unserer Liste „Die 50 besten Livealben„. Unser Autor Jens Balzer widmete außerdem kürzlich Coltranes Free-Jazz-Monument „Ascension“ eine ausführliche Würdigung im Rahmen unseres Jubiläums-Spezials „222 Songs“.

Thelonious Monk Quartet With John Coltrane – At Carnegie Hall ****

Heft 02/2006

Vor einem Jahr erst in den Katakomben des „Library Of Congress“ entdeckt, entfachte dieser Fund einen medialen Brand, dessen Rauchzeichen nicht nur von Fachleuten registriert wurden. Selbst profane Branchenblätter raunten vom Audio-Äquivalent des Bernsteinzimmers. Mit dessen kalter, überladener Pracht dieser Konzertmitschnitt vom November 1957 natürlich nicht das mindeste gemein hat.

Monks Musik war ohnehin immer die Antithese zu protzigem Kunsthandwerk, sein Auftreten unzeremoniell, seine Technik der Alptraum jedes Klavierlehrers. Und Trane war gerade am Ende seines Suchttunnels angelangt, den Cold Turkey in den Knochen sowie wochenlange, nervenaufreibende Proben. Die anfänglich – das entnehmen wir den vorzüglichen Liner Notes desaströs verlaufen waren. Kaum zu glauben, denn seine Sax-Slalomläufe durch das von Monk anspruchsvoll abgesteckte Terrain sind atemberaubend, wirken traumwandlerisch sicher. Wunderbar, wie das melodisch inventiv variierte „Sweet And Lovely“ plötzlich mittels Rhythmuswechsel das Herz heftiger klopfen läßt, während das Quartett aus sich herausgeht, atemlos zuerst, dann beherrschter, schließlich sinnenfroh, frei und flüssig improvisierend. Eine der wenigen Stellen, die Drummer Shadow Wilson nutzt, seinem Nickname keine Ehre zu machen und für Drive zu sorgen, bevor Monk dem Stück einen lyrischen Abgang verschafft.

Ein seltenes Vergnügen, Trane und Monk so angeregt im Dialog zu erleben, wiewohl beide ungleich großartigere Momente hatten, vor allem danach.

Wolfgang Doebeling

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