Rock In Peace

Unterhaltsame Popkenner, Kopfmenschen und immer für jeden Spaß zu haben: Yo La Tengo

Es kommt selten vor, dass der Name Yo La Tengo auf dem Titel einer Zeitschrift auftaucht, die sich nicht mit Musik beschäftigt. Das Trio aus Hoboken zieht eben vor allem intellektuelle Plattensammler und musikalische Besserwisser an. Umso schockierender war die Schlagzeile des Magazins „The Onion“: „37 Record-Store Clerks Feared Dead in Yo La Tengo Concert Disaster“. In Athens hatte sich offenbar eine Katastrophe ereignet. Das Dach einer Disko war eingestürzt und hatte den „40 Watt Club“ unter sich begraben. „Eine Tragödie“, wird ein überlebender Teilzeit-Kassierer von School-Kids-Records zitiert. „Sie hatten gerade angefangen, Daniel Johnstons ,Speedy Motorcycle‘ zu spielen. Das bringen sie sonst nie live“.

Ira Kaplan amüsiert sich noch heute über die lebensnahe Story des amerikanischen Satiremagazins „The Onion“. „Es ist toll, wenn man seinen kulturellen Einfluss an überraschender Stelle gewürdigt sieht. Ein Jahr später baten uns die Redakteure, auf ihrer Weihnachtsfeier zu spielen. Wir sagten sofort zu, weil wir den Artikel unbedingt live aufführen wollten. Doch diesmal sollten nur wir ’sterben‘ – und nicht das Publikum. Mitten im Auftritt ging dann plötzlich das Licht aus. Gegenstände stürzten auf die Bühne, die sorgfältig aufgebauten Fake-Boxen krachten herunter und ‚töteten‘ uns. Helfer rannten auf die Bühne und hantierten hektisch mit Taschenlampen und Tragebahren. Ein befreundeter Comedian erklärte den Zuschauern schließlich, dass sich eine Tragödie ereignet habe. Doch dann kamen wir zurück – ganz in weiß, verkleidet als Engel.“

Es ist eine Freude, sich mit Ira Kaplan und Georgia Hubley zu unterhalten, weil sie so gescheit und anekdotenreich über Popkultur reden können. Seit 1984 bildet das Ehepaar den Kern von Yo La Tengo, Bassist James McNew ist auch schon seit 1992 mit dabei. Das neue Album des Trios erscheint ausgerechnet am 11. Septemher und trägt den etwas umständlichen Titel „I’m Not Afraid Of You And I Will Beat Your Ass“. „Man kann sich dazu eine Menge verrückter Geschichten ausdenken“, findet Kaplan. Dröhnenden Gitarrensymphonien wie „Pass The Hatchet, I Think I’m Goodkind“ stehen zartpsychedelische Popsongs wie „Beanbag Chair“ gegenüber. Die vom Vorgänger “ Summer Sun“ vorgegebene Linie – heiter improvisierendes Songwriting – wird weitergeführt.

Klingt vielleicht ein bisschen wie die Pop-Sachen auf den letzten beiden Velvet Underground-Alben, doch Vergleiche mit der Band, die Yo La Tengo in „I Shot Andy Warhol“ sogar verkörperten, will Kaplan nicht mehr hören: „Wir lieben VU. Wir haben ihre Songs aufgenommen, aber sie waren niemals der Einfluss, den man uns einreden möchte.“

Gerade haben Yo La Tengo in einer Episode der TV-Serie „Gilmore Girls“ mitgemacht: „Freunde von uns schrieben eine Folge, in der an verschiedenen Ecken unterschiedliche Straßenmusiker spielen. Außer uns waren auch Kim und Thurston von Sonic Youth und die beiden Sparks-Brüder dabei“, erzählt Georgia lachend. Auch ihrem Faible für Coverversionen frönten Yo La Tengo unlängst im Fernsehen – mit einer psychedelischen Variante des „Simpsons“-Themas, im Abspann der Serie. Die gewagtesten Coversongs heben sich die drei allerdings für die Hochzeit von Freunden auf, wo sie die Gäste neulich ausschließlich mit Top-40-Hits beschallten: „Hat sich wirklich jemals jemand gewünscht, unsere Version von ,Le Freak‘ zu hören?“

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