Römische Audienz

Christoph Dallach führte das (bislang) letzte Interview, das Dylan einem deutschen Journalisten gab.

Das Orakel

Christoph Dallach, wie bereitet man sich auf ein Jahrhundertereignis wie ein Dylan-Interview vor?

Weiß ich nicht! Ich sollte für den „Spiegel“ im Juli 2001 eigentlich nur die Pressekonferenz besuchen, die er in Rom zu „Love And Theft“ gab. 15 Minuten vor Beginn sagte mir die Sony-Mitarbeiterin: „Du darfst ihn nachher noch alleine treffen.“ Mich traf der Schlag.

Wieso wurden Sie ausgewählt?

Keine Ahnung. Später habe ich gehört, dass Dylan in Rom angeblich immer besonders gut gelaunt ist. Vielleicht lag’s daran.

Und wie war die Begegnung?

Er trug einen viel zu großen Hut und Cowboystiefel, war schon bei der Pressekonferenz in bes-ter Plauderstimmung. Kurz davor war beim G-8-Gipfel in Genua ein Demonstrant erschossen worden – damit begann ich das Gespräch. Es ging um Protest, die Rolle der Medien. Alles sehr entspannt.

Was hat Sie überrascht?

Sein Humor. Diese 60er-Jahre-Guerilla-Taktik, wenn er grotes-ken Blödsinn und ernsthafte Aussagen durcheinanderwirft – das ist wie ein Sport für ihn. Als wir irgendwie auf Mario Puzos „Der Pate“ zu sprechen kamen, rastete er richtig aus. „Scum of the earth!“, brüllte er. Weil er es hasst, wenn die Mafia glorifiziert wird.

Das schönste Interview Ihrer Karriere?

Nein. Das war Johnny Cash. JH

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