Roger Corman – Angriff des Dinosaurierhais

Verbotene Freuden: Arte beginnt eine Reihe über "Könige der B-Movies" mit dem Allergrößten - dem Produzenten und Regisseur Roger Corman.

Bruce Dern sitzt in einer Garderobe und wird frisiert, und dabei erinnert er sich an seine Anfänge als Filmschauspieler: Wie viele solcher Streifen er schon gedreht habe, fragte der junge Dern damals, und Roger Corman antwortete: „Hundert.“ Das war vor 40 Jahren. Den Ehren-Oscar für das Lebenswerk, den Dern ihm grimmig wünscht, hat Corman im Jahr 2009 erhalten – abseits der großen Veranstaltung.

Alex Stapletons Dokumentation „Corman’s World“ (im Deutschen leider: „Ufos, Sex und Monster – das wilde Kino des Roger Corman“) ist endlich die systematische Arbeit über den Nestor des Independent Cinema, der allenfalls von Ed Wood an Fantasie, Leidenschaft und Irrsinn überboten wurde. Corman begann mit Drehbucharbeiten bei einem klassischen Studio-Western, „The Gunfighter“ von Henry King, in dem Gregory Peck einen Scharfschützen spielt, der des Tötens müde ist und in einer Stadt seinen eigenen Tod sucht. Zu dem neuen Revolverhelden sagt er: „Jetzt wirst du immer flüchten müssen.“ 1951 war der Film ein großer Erfolg – und Roger Corman wurde Produzent.

Er ließ dann Filme über außerirdische Wesen, Killer-Monstren und Mutationen der Biologie produzieren; dass er ohne viel Geld auskommen musste, bedingte die Herstellungsweise. Anders als Ed Wood, war Roger Corman erfolgreich; ihm gelangen Schauerfilme wie „House Of Usher“ (1960) und „The Man With The X-Ray Eyes“ (1963), in dem Ray Milland eine bizarre Rolle hat. Corman nahm Horrorfilme mit Fantasiegestalten, Haien und Kraken vorweg, sogar einen Dinosaurierhai ließ er basteln. Der junge Kritiker Peter Bogdanovich bearbeitete 1968 einen russischen Science-fiction-Film für Corman, in den er Frauen einbauen sollte; er erinnert sich belustigt an die Schnipsel mit Bikini-Models, die emotionslos ihre Köpfe der Kamera zuwandten und in den Film geschnitten wurden.

Zu den Regisseuren, die bei Cormans Guerilla-Firma ihre erste Chance bekamen, gehören Francis Ford Coppola, Martin Scorsese, Jonathan Demme und Ron Howard; jüngere Semester wie Eli Roth und Wes Anderson bewundern den Trash-Tycoon. Jack Nicholson spielte in „The Wild Angels“ (1966) und „The Trip“ (1967), bevor er in „Easy Rider“ zum Star wurde. Corman hatte ihm stets jeden Cent über der gewerkschaftlich festgeschriebenen Gage verweigert. Nicholson, mit Sonnenbrille auf einer Couch lümmelnd, erinnert sich genüsslich an den Moment, da die Zuschauer im Kino beim Erscheinen von Nicholsons Figur jubelten – „wie bei einem Rock-Konzert“. Er sei der Einzige, der seiner Filmstarwerdung direkt beigewohnt habe. Corman hatte bei all den Wirren um „Easy Rider“ seinen Anteil an den Einnahmen verloren.

Als 1975 „Jaws“ („Der weiße Hai“) in die Kinos kam und sich zu einem Sensationserfolg entwickelte, sah Roger Corman sein Gewerbe am Ende: Ein B-Film war zum Blockbuster geworden; der nahezu unbekannte Steven Spielberg hatte unter ähnlichen Low-Budget-Bedingungen gearbeitet, einen Drehbuchautoren-Streik überstanden, revoltierende Schauspieler, schlechtes Wetter und schließlich eine Hai-Attrappe, die er selbst nicht glaubhaft fand. Mit „Star Wars“ wurde 1978 ein anderes Segment von Cormans Universum zum Mainstream – George Lucas hatte Tagelöhner in die weißen Raumanzüge stecken lassen, und als er die ersten Muster vorführte, sagte John Milius: „Das ist der größte Mist, den ich je gesehen habe.“

Roger Corman produziert weiter; er ist heute 85 und sieht aus wie ein englischer Landedelmann, der mit Schiebermütze im offenen Oldtimer fährt. „Wenn er sich unterschätzt fühlt“, droht Nicholson, „komme ich mal da rüber!“

„Könige der B-Movies, 1: Roger Corman.“ Arte, 10. März, 21.40 Uhr. Es folgen Dokumentarfilme über Bud Spencer, Christopher Lee und Udo Kier.

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