Schotten-Soul in der Nachfolge der Beatles: Teenage Fanclup berechtigen zu den schönsten Hoffnungen

Raymond Mc Ginley und Norman Blake haben mit Wolfgang Niedecken überhaupt nichts gemeinsam. Was nun wirklich alles andere als tragisch ist In einem Punkt jedoch wäre es für einen Moment lustig, wenn sie eine Marotte des Kölsch-Sängers übernähmen und mal so singen würden, wie sie sprechen. Das gäbe ein großes Hallo und Bäche von Lachtränen.

Teenage Fanclub kommen aus Glasgow, und wer sich je mit Schotten unterhalten hat, weiß, was ich meine. Sie pressen Vokale zusammen wie Altpapier, sagen „Hä-ip“ statt „Hype“, und einmal ist ihnen der Gedanke auch schon gekommen, es mal zu versuchen. „Aber dann dachten wir uns: Die Beatles kamen aus Liverpool“, so Norman. „Und sie haben trotzdem immer Oxford-Englisch gesungen. Bis auf ihre späte, dekadente Phase, da kam manchmal der Akzent durch.“

Womit wir schon das zentrale Stichwort der neueren Fanclub-Aktivitäten herbeigezogen hätten: die Beatles. Ach, man kommt wirklich nicht darum herum. Als Teenage Fanclub 1991 dem Gitarren-Pop ein neues, charmantes Gesicht und ein paar Tritte in den Hintern gaben, war der Lennon/McCartney-Einfluß nur einer von vielen. Aber das neue Werk „Grand Prix“ streut alles ab, was die Musik bisher als Produkt eines Culture-Oash zwischen Beat und Hardcore hatte erscheinen lassen: Auf den Verzerrern leuchten still die Stand-by-Lämpchen, und keinerlei Gitarren-Lärm stört die „Rubber Soul“-Hommage.

Jetzt sind Teenage Fanclub endgültig das, was sie vorher nur werden wollten: eine total süße Pop-Band. Der total süße Raymond grinst: „Genau das wollen wir sein.“ Und Norman, nicht weniger schnuckelig, ergänzt: „Eigentlich haben wir mit dem Wort Rock nie etwas anfangen können.“ Viel Zeit haben sich die beiden Songschreiber genommen, abseits von London und den dortigen „Hä-ips“ an Liedern zu arbeiten, für die Paul McCartney heute vermutlich fünf schottische Schlösser hergäbe. Als einzige Nummer fällt „Neil Jung“ aus dem Rahmen – mehr ein Gag als eine Neil-Young-Hommage – „obwohl es doch sehr nach Crazy Horse klingt“.

Die britische Musikjournaille hat Teenage Fanclub zur Zeit auf die „Out“-Liste gestellt. Aber das sehen alle in der Band ganz cool. „Irgendwann, wenn sie ihre London-Bands durchhaben, werden sie uns wieder um den Hals fallen“, ist er sich sicher. „Wir haben einiges kommen und gehen sehen.“

Musikalisch sind alle Hoffnungen berechtigt: Wenn die neue Platte „Rubber Soul“ ist, dann kommt bald „Revolver“. Und irgendwann sind Teenage Fanclub hoffentlich so dekadent, daß sie schottisch singen.

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