Sie singen zwar von Tod und Teufel, doch Granfaloon Bus gelten eher als skurrile Künder der kalifornischen Alternativ-Lebensweise

High-Noon auf dem Hamburger Kiez: Während Zuhälter die erste Runde mit dem Pitbull drehen, hat Felix „Todd“ Costanza als zweites Frühstück das erste Bier des Tages (und ein gekochtes Ei) vor sich. Der Texter und Sänger von Granfaloon Bus wundert sich ob der Qualität des Gebotenen („Lüneburger Pilsener“) schwer darübet, daß neuerdings mieses US-Bier (Miller) als Hochpreisprodukt in deutschen Kneipen ausgeschenkt wird. Ansonsten aber kann den freundlichen Gerstensaftliebhaber aus San Francisco wenig erschüttern. Die unsinnige Kategorisierung seines Quartetts als „Country-Band“ etwa. Was nicht mal der Zusatz „alternative“ sinnvoller macht.

„Ich hab nichts dagegen. Irgendwo muß man ja anfangen, und wenn jemand bei uns Country heraushören will, geht das o. k.“ Und der Nostalgievorwurf? „Ein bißchen Nostalgie ist hier und da schon drin, aber wie die Beatles klingen wir ja nun auch nicht Ich würde das sogar als Kompliment auffassen, denn Nostalgie ist für mich eher etwas Positives.“ Kaum zu glauben, daß dieser kleine Phlegmatiker mal etwas als nicht „o. k.“ befand. Doch da gab’s etwa den durch viele Kirchgänge zementierten Katholizismus, den er – nach dem frühen Tod seines Vaters – sofort auf den Prüfstand stellte. Kaum zu glauben auch, daß dieser Menschenfreund mal richtig wütend werken konnte. Konnte er aber, damals in der „band class“, als er sogar einen Stuhl nach dem Musikpauker schleuderte. Hören tut er die ihm damals verleidete Trompete jedoch immer noch gern, selbst auf Granfaloon-Bus-Alben.

Seit fast neun Jahren werkelt Costanza mit dieser Band an seiner, nun ja, „Karriere“. Sicher wär’s einen Versuch wert, „nur von der Musik zu leben“, so wie es Drummer Jeff Palmer – gleichzeitig der Bassist von Sunny Day Real Estate – als einziger der Band bereits tut. Doch das Zimmermanns-Werkzeug, das bis dato den Lebensunterhalt sichern hilft, „würde ich so schnell nicht verkaufen“. Während das Quartett hierzulande spätestens seit der 97er-LP „Sleeping Car“ als Hoffnungsträger kalifornischer Alternativ-Lebensweise gilt, steht ein vernünftiger US-Vertrag noch in den Sternen. Da halfen auch die guten Reviews aus good ole Europe nicht viel weiter. Derzeit gibt es mal wieder Gespräche mit dem Label-Ableger eines Entertainment-Giganten, aber, so Costanza, sicher sei nur, „daß es keine sichere Sache ist“.

Er lacht in sein Bier. „Ich verstehe das Plattengeschäft nicht. Es scheint keinen Sinn zu machen. Uns erzählen schon seit Jahren irgendwelche Leute, daß sie unsere Musik gut finden und ein Album von uns rausbringen wollen. Aber passiert ist nie was.“ Für ihr aktuelles Album haben Granfaloon Bus immerhin den richtigen Titel gefunden. „Good Funeral Weather“ basiert auf der vermeintlich zweideutigen Phrase eines Costanza-Freundes, der jemanden unter die Erde bringen mußte und hinterher meinte, es sei vom Wetter her ein idealer Tag dafür gewesen. Worauf Todd sich fragte: „Hm, wie könnte dieser Tag wohl ausgesehen haben?“ – Und keine Antwort fand.

Stürmisch, das läßt das skurrile Laidback-Liedgut erahnen, ging’s wohl nur zu, als der Leichenwagen verkauft wurde. Costanza hofft nun, „We’re Sellin‘ Helen’s Hearse“ werde nicht als „Tanz auf dem Grabe“ einer Frau mißverstanden, mit deren Kindern er einst aufwuchs. „Ich denke, es ist eine gute Metapher für die Entscheidung, sich vom Katholizismus zu verabschieden.

Aber mit Tod und Teufel soll erst mal Schluß sein mit dieser LP. Denn erstens sei er „nicht besessen“ von diesen Themen, und zweitens würden sie vielleicht sogar noch ab „Death Country Band“ kategorisiert Und das will ja keiner.

Keine Totgeburt war jedoch die Aktion des ROLLING STONE, deutschen Bands die Chance zu bieten, den Support für die kommende Granfaloon-Bus-Tour zu bestreiten. Dem Aufruf im Januar-Heft folgten über 50 Gruppen, von denen ca. 15 in die engere Auswahl kamen. Die Qual der Wahl führte schließlich dazu, daß sich gleich zwei hiesige Acts jeweils zweimal live beweisen können.

Green Apple Sea, eine Formation aus Münster um den Songwriter Stefan Prange, dürfen für Granfaloon Bus am 18. März in Hannover und am 19. März in Dortmund den Support machen. Und Missouri aus Nürnberg, ein Trio in der unüblichen Besetzung zwei Gitarren, ein E-Piano plus Eigenbau-Klangerzeuger, spielen am 22. März in München und am 23. März in Regensburg die Anheizer. – A&R-Leute sind herzlich willkommen!

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