So war Neil Youngs Bridge School Benefit Concert

Eddie Vedder gibt das Vorprogramm für Guns N' Roses. Die Flaming Lips spielen "unplugged" und bringen eine Beatboxer für die Effekte mit. Neil Young spielt Neues von "Psychedelic Pill" - und am Ende singen (fast) alle "Rockin' in the Free World". Daniel Kreps war am Samstag für uns beim traditionellen Bridge School Benefit Concert.

Um Samstag, ungefähr um 16 Uhr, informierte ein Mitglied der Security im Shoreline Amphitheater die Kollegen über Funk, dass der Guns N‘ Roses-Tourbus das Gelände erreicht hat. Nun ist Axl Rose ja nicht gerade für seine Pünktlichkeit bekannt – wenn er es also tatsächlich mal schafft, noch bei Tageslicht eine Venue zu erreichen, muss es einen guten Grund dafür geben. Und so war es: Guns N‘ Roses spielten im Amphitheater in Mountain View auf dem mittlerweile 26. von Neil Young initiierten Bridge School Benefit Concert – an der Seite von Jack White, den Flaming Lips, Ray LaMontagne, den Newcomern Foster The People und Gary Clarke Jr. und den Songwriterinnen k.d. lang, Sarah McLachlan und Lucinda Williams. Die Einnahmen gingen wie immer komplett an die namensgebende Bridge School, die sprach-behinderte und körperlich-beeinträchtigte Kinder unterrichtet und fördert.

Hätte Axl Rose es noch ein wenig früher geschafft, hätte er auch sehen können, wie Young um Punkt 16 Uhr die Feierlichkeiten eröffnete. Er spielte „Sugar Mountain“ für die Bridge School-Schüler und ihre Familien, die während der gesamten neunstündigen Veranstaltung einen Platz mit bester Sicht im Bühnenhintergrund hatten. Neil Young bat dann seine Frau Pegi auf die Bühne, um ihn bei seiner ergreifenden, wundervollen Darbietung von „Comes A Time“ zu begleiten. Acht Stunden und ein Dutzend Acts später, sollte Young, diesmal von Crazy Horse begleitet, noch einmal auf die Bühne zurückkehren.

Gary Clark Jr. hatte die undankbare Aufgabe, direkt nach Young zu spielen – und damit für ein Publikum, das vor allem damit beschäftigt war, seine Plätze zu suchen oder sich noch auf dem Weg vom Parkplatz zur Venue befand. Mit einem energischen „When My Train Pulls In“ und „Don’t Owe You A Thang“ stimmte er perfekt auf den Abend ein. Leider wurde sein Set aufgrund des straffen Zeitplans nach nur drei Songs beendet. Foster The People spielten wenig später unter ähnlich undankbaren Bedingungen und performten eine Handvoll Songs. Ihren Hit „Don’t Stop (Color The Walls)“ schafften sie noch, für „Pump Up Kicks“ fehlte dann jedoch schon die Zeit.

Vier Stunden später – in denen zum Beispiel Steve Martin mit den Steep Canyon Rangers ein unwiderstehliches Konzert gab – war es für die Flaming Lips an der Zeit, die Bühne zu betreten. Sie waren sicherlich die Band, die am  meisten unter der „Akustik“-Doktrin des Bridge School Konzerts zu leiden hatten. Aber Wayne Coyne hatte noch einen Trumpf in der Hand: den Comedian und Human Beatboxer Reggie Watts, der jeden tiefen Bass, 808- und Space-Sound-Effekt aus „Fight Text“, „Yoshimi Battles the Pink Robots,“ und „It’s Summertime“ mit seiner Stimme nachstellte. Als Abschluss ihres Sets überraschten die Flaming Lips mit einem Cover des epischen „A Day In The Life“ von den Beatles, bei dem sich Coyne und Watts die Vocal-Parts teilten und Watts die Lyrics demonstrativ von seinem Handy ablas.

Als nächstes kam Jack White mit seiner weiblichen Backing-Band, die ihm half, das rockige Blunderbuss-Material klingen zu lassen, als wäre es von der Rolling Thunder Revue eingespielt worden. Am Ende des 30-minütigen Sets haute er ein paar White Stripes-Klassiker raus: Eine countryfizierte Version von „Hotel Yorba“ und das zärtlich klingende „We’re Going To Be Friends“.

Danach gab es eine vergleichsweise lange Umbaupause, bevor Guns N‘ Roses endlich auf die Bühne kommen sollten. Die Menge, die eh schon ein wenig unter dem ungemütlichen Wetter litt, wurde zusehends ruheloser. Einige mutmaßten bereits lautstark, Axl werden auch das Bridge School Benefit mit seinen unliebsamen Possen sabotieren. Aber die Umbaupause mündete stattdessen in die größte Überraschung des Abends: eine unangekündigte Performance von Pearl Jam-Frontmann und Young-Jünger Eddie Vedder.

Die Mengte tobte vom ersten Akkord an. „This is the last place I thought I’d be when I woke up today . . . opening for Guns N‘ Roses“, scherzte Vedder, bevor er „Last Kiss“ anstimmte – den persönlichen Lieblingssong eines Bridge School-Schülers, wie Young verriet. „Elderly Woman“ folgte, bevor Vedder das nun wieder aufgeheizte Publikum Guns N‘ Roses überließ.

Dass ein reines Akustik-Konzert das perfekte Setting für Guns N‘ Roses wäre, um sich auf die zweite Hälfte ihrer EP „Lies“ zu konzentrieren, schien auch Axl kapiert zu haben: drei der sieben Songs stammten von diesem Album. Der gewählte Opener „Crazy“ (bei dem Axl in Anwesenheit der zahlreichen Schulkindern das F-Wort nur ganze fünfmal benutzte), „Used To Love Her“ und „Patience“. Der Rest des Sets bot unter anderem drei beschwingte, erstaunlich frisch klingende Versionen der größten „Appetite For Destruction“-Singles „Welcome To The Jungle“, „Sweet Child O‘ Mine“ und „Paradise City.“ Besondere Erwähnung sollte hier die Armee an Gitarristen, die GNR aufboten,  finden – allen voran DJ Ashba und Bumblefoot, die auch die Bridge School Kids in die Performance mit einbezogen.

Nun war es endlich Zeit für den „Godfather Of Grunge“ Neil Young. Wie schon bei der  Mehrzahl der Shows auf der Tour konzentrierte er sich auf das Material vom kommenden Album „Psychedelic Pill“, wenn auch diesmal in akustischer Form. Angefangen beim autobiografischen „Born In Ontario“, über den Dylan/Grateful Dead-Tribute „Twisted Road“ bis zu einer tighten, verkürzten Version des Songmonsters „Ramada Inn“. Dazu gab es Klassiker wie „Powderfinger“ und „The Needle And The Damage Done“ und ein paar Überraschungen – das unveröffentlichte „Singer Without A Song“, mit Young am Piano, tauchte mal wieder auf, und Crazy Horse spielten „Like A Hurricane“, das man ungefähr seit einer Dekade nicht mehr im Shoreline Amphitheater gehört hatte.  

Dieser Song ebnete das Feld für das große Finale – den traditionellen Allstar-Jam. Vedder, White, Coyne, Watts, Foster The People, eigentlich jeder (außer Axl), begleitete Young bei einer mitreißenden Performance von „Rockin‘ In The Free World“ – ein Mantra, das noch lange nachhallte in den Köpfen der tausenden, zufriedenen Musikfans, die sich nun glücklich und beseelt zu ihren Autos aufmachten – einige von ihnen mit dem Wissen, all das am Sonntag noch einmal zu erleben. 

Hier gibt es einen Audio-Mitschnitt des Sets von Neil Young und Crazy Horse:

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