Soft Boys – Noch funktionsfähig

Die Reunion der SOFT BOYS ist eine der wenigen unpeinlichen: Da hat sich eine Band wiederentdeckt, die eigentlich nie weg war

Beunions sind Alltag. Längst. So notorisch wie Sprichworte. Es gibt sie wie Sand am Meer, aber eine zu finden, die nicht peinlicher ist als die andere, ist wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Oder Tauchen nach dem Mondlicht. Schön, es dann doch mal zu finden. Oder wiederzufinden.

„Underwater Moonlight“ ist heute eine noch größere Offenbarung als bei seiner Erstveröffentlichung 1980. Hätten die Soft Boys jemals wirklich den Planeten Pop verlassen und das nicht nur in corpo, es wäre ihr Vermächnis.

Aber das haben sie nicht. Auch nicht nach ihrem Split 1981. Dass die Soft Boys eine der wichtigsten und einflussreichsten Bands aller Zeiten sind, finden nicht nur Yo La Tengo, R.E.M. oder Paul Westerberg. In den Köpfen ihrer hingebungsvollen Anhänger hat ihre Hinterlassenschaft längst diese spezielle Form von Gegenwart gebildet, die man wohl Unsterblichkeit nennt. Robyn Hitchcock findet das ausgesprochen flattering: „Wow!“ lautet sein Kommentar.

So betrachtet ist es nur der Wechsel in einen anderen Aggregatzustand, wenn die Soft Boys nun wieder zusammen sind und auf Tour. „Ich hatte vergessen, was wir mal für eine gute Band waren“, meint Bandleader Hitchcock, „vielleicht war’s mir auch nie klar. Das Gefühl bei unseren Auftritten ist jetzt wärmer und nicht mehr so manisch wie früher, aber sehr aufregend. Als wenn man ein altes Spielzeug entdeckt, das man aus unerfindlichen Gründen lange nicht beachtet hat, das aber immer noch funktioniert.“

Bei den Soft Boys von Zitatpop zu sprechen, ist fast lächerlich unzulänglich. Die Dichte ihrer Melange aus scheppernden Troggs-Gitarren, hakeligen Takten und schwelgerisch-melodischer Psychedelia ist so hoch, dass sie einen eigenen, praktisch unverwechselbaren Stil darstellt.

Dass Hitchcock als Sänger und Hauptsongschreiber oft als der für die Soft Boys-Musik Alleinverantwortliche wahrgenommen wird, findet der bedauerlich: „Ich bin doch für die Soft Boys nicht wichtiger, als es zum Beispiel Lou Reed für Vfelvet Underground oder Bryan Ferry für Roxy Music war. Ich bin praktisch die Hauptzutat, aber beileibe nicht der ganze Kuchen.“

Die anderen Zutaten sind Bassist Matthew Seligman, Gitarrist Kimberley Rew und Drummer Morris Windsor. Seligman war später bei Morrissey und Thomas Dolby, Rew gründete Katrina 8C The Waves, schrieb „Going Down To Liverpool“, aber auch den notorischen Partyknüller „Walking On Sunshine“, und Windsor trommelte auf ein paar der unzähligen Soloalben Hitchcocks.

Der nach wie vor als kreativer Spinner gilt und angesichts seines Werks das auch sollte. So vernebelt wie einige besonders ehrfurchtige Anhänger, die in ihm die gottgleiche Reinkarnation Syd Barretts zu erkennen glauben, ist er allerdings nicht einmal annähernd. „Syd war ein Original“, rückt Robyn die Perspektiven gerade, „während ich doch mehr eine Synthese bin. Aber ich bin immer noch ich, und er ist leider nicht mehr er. Er heißt jetzt Rogers.“ Die Überhöhung seitens seiner Fans will er überhaupt nicht: „Kein Mensch kann Gott sein und gewinnen!“

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