Songs, die was bedeuten: DAN BERN gilt als eines der größten neuen Songwriter-Talente

Falls irgendeine „G.I.Jane“ mal wieder einen Tarzan braucht – voilä, hier ist er: Dan Bern sieht mit seinen Spingerstiefeln und der Army-Hose, mit seinem Musde-Shirt und dem gebleichten Kurz-Haar aus, als käme er soeben von dem Casting für einen Vietnam-Film. Und das markante Profil mit der dominanten Nase und einer Mundpartie zwischen AI Pacino und Bruce Springsteen legt nahe, daß vielleicht sogar mehr drin sein könnte als nur eine Statistenrolle.

Dieser ist der 32jährige US-Songwriter auf der Bühne längst entwachsen, wie kürzlich seine allerersten Deutschland-Showcase-Gigs demonstrierten. Es war mitnichten Berns Premiere in unserem Land, das ihm näher ist, als ihm manchmal lieb sein kann. Seine jüdischen Eltern mußten einst vor den Nazis fliehen seine Schwester, für die Dan auf seinem zweiten Album „Fifty Eggs“ die wunderbare Ode „Oh Sister“ singt, studierte in Hannover Operngesang. „Ich habe sie oft besucht. Es ist fast ironisch. Da ist einerseits die Geschichte meiner Eltern. Andererseits fühle ich mich besser aufgehoben als in Belgien oder Italien. Ja, manchmal fühle ich mich hier sogar mehr zu Hause als in meinem eigenen Land.“

Doch wo kann überhaupt das „zu Hause“ sein für einen modernen Nomaden, der kein Apartment mehr unterhält, jedoch immerhin eine feste e-mail-Adresse hat? Aufgewachsen ist Bern jedenfalls im Mittleren Westen, in Mount Vernon/Iowa, einem Kaff mit 2000 Leuten, wo „ich schon mit neun oder zehn einfach rumstreuen konnte, ohne daß sich meine Eltern sorgen mußten. Auch eine Art von Freiheit.“ Vielleicht ist die Heimat vor allem in seinen Songs, die er manchmal in einem Akt der Selbsttherapie wie im Rausch herunterschreibt. Dann können es schon mal acht am Tag werden. Oder 20 in der Woche. Dann „kommt eine Woche lang nichts“.

Es sind Songs, die Strukturen bedenken, sich aber auch ungeniert gehen lassen im großen Bewußtseinsstrom. „Wir leben doch in einer Welt, in der wir ständig von allen Seiten bombardiert werden“, begründet Dan Bern. „Manchmal erlebe ich vier Städte an einem Tag. Dann verschmilzt alles, Zeit und Raum werden aufgehoben. Und dann kommt dieses Element meines Songwriting stärker zum Tragen.“ Nicht zuletzt deshalb ist er neuerdings mit Band unterwegs. Das ergebe „mehr Farbe, nicht nur: Worte, Worte.“ Sein Trio kann es sich allerdings „nicht leisten, einzuschlafen. Denn sie wissen, daß sie bei mir mit allem rechnen müssen.“

Und welche Schublade hätte er gern? Bern: „Wenn mich die Leute fragen, was für Musik ich spiele, sage ich: Ich spiele Post-Gunk-Music. Dann fragen sie: Was ist das denn? Und ich sage: Naja, Gunk halt, nur ein bißchen moderner. Und dann denken sie meist, sie müßten doch wissen, was das eigendich bedeutet. Und fragen nicht mehr.“

Auf „Fifty Eggs“ist sein Humor weniger infantil und meistens scharf, allerdings ohne Zynismus und überraschende Themen. So kommt der jüngst immer wieder beschworene Wunder-Golfspieler Tiger Woods zu einer Hommage, in der ihm freilich vor allem sexuelle Potenz zugesprochen wird. Es ist aber vor allem die Musik, die das Album zu einer der wichtigsten Songschreiber-Platten des Jahres adelt: Präzise und ohne auf Klischees zurückzugreifen, treibt Bern seine Songs voran. Immer mal wieder wird zum Vergleich der gefahrliche Name Bob Dylan erwähnt Bloß die Popularität läßt natürlich noch auf sich warten.

Dan Bern lacht leise und sagt dann noch, er wolle eine „music that matters“ spielen. Gibt es denn überhaupt noch so etwas? Für Tarzan offenbar schon.

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