Stephen Malkmus & The Jicks – München, Atomic Cafe

Stephen Malkmus & The Jicks pokern sich mit neuen Stücken durch die Rockgeschichte

Ausgerechnet nach Schweiß und Bier riecht die Band, die das Publikum an diesem Abend auf Stephen Malkmus einstimmen soll. Es sind The Cribs aus Leeds, mit ihrem Malocher-New Wave und Bassist Gary Jarman, der seinen halben Liter helles Bier auf Ex trinkt, bevor er sich in breiter nordenglischer Mundart, die klingt, als spreche er in einen halb vollgekotzten Blecheimer, an die Meute wendet. Die besteht allerdings großen Teils aus Angehörigen der Generation Pavement, die mit dem Gebaren, das höchstens von Frauenzeitschriften mit „wild“ und „unangepaßt“ attribuiert wird, wenig anfangen kann.

Da brauchen anschließend auch Malkmus und seine Jicks drei, vier Songs, bis sie den Geruch von Authentizität und Arbeit am Rock’n’Roll-Mythos von der Bühne gespielt haben. „1t Kills“ ist der erste Song, der die grandiose Verspultheit des Malkmusschen Werkes an diesem Abend ausstellt. Dann eine zuckelnde Version von „Jenny & The Ess-Dog“, die einen schon fast in Nostalgie schweben läßt. Gleich danach das unwiderstehliche „Church On White“, ebenfalls vom Solodebüt.

Die meisten Stücke an diesem Abend stammen natürlich von „Face The Truth“, dem neuesten vertrackten Puzzlespiel aus dem Hause Malkmus, und natürlich gibt es wieder Leute, die sich lauthals die alten Pavement-Songs wünschen. Aber auch wenn sie unerhört bleiben, schaut man an diesem Abend fast überall in glückliche Gesichter und auf wippende Hinterköpfe. Alle scheinen heimlich mitzusingen, wenn es in „Post-Paint Baby“ heißt „You ‚re the maker of modern mind/ No masterpieces for the untrained eye“.

Die Mittel, mit denen Malkmus das Publikum bezaubert, sind denen der Cribs eigentlich gar nicht so unähnlich. Vermeintlich emphatisches Gegniedel, Gitarre auf den Boden, Gitarre an die Decke, Gitarre an die Zähne, Gitarre hinter den Kopf, Feedback. Aber bei allen Referenzen an die gute alte Rock’n’Roll-Schule kommt nie der Verdacht aut, man wohne etwas — wider besseres Wissen — Ungekünsteltem bei. In einem Moment sind es die Fairports, dann die Groundhogs, Roxy Music oder Kiss, die einem in den schräg vernähten Versatzstücken entgegenzutreten scheinen. Bei dieser Musik findet man keinen Ursprung, weil die zackigen Jicks unaufhörlich die Richtung ändern.

Nach anderthalb Stunden im wahnwitzigen Rock-Themenpark bedankt sich Malkmus bei seinem Support — „Thanks to The Cribs from Las Vegas, Nevada“. Wie all seinen Referenzen, zieht er auch der bodenständigen Vorband die Herkunft unter den Füßen weg. Und als The Cribs schließlich zu den Zugaben, als Malkmus bereits die Bühne verlassen hat, mit den Jicks eine irre Version des Stones-Klassikers „Street Fighting Man“ anstimmen, hat man sie fast liebgewonnen, diese Band aus Las Vegas, Nevada.

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