Strategie statt Budget

Von Köln sind Chester nach London gezogen. Dort sind sie mit ihrem Popverständnis besser aufgehoben

Wie Optik täuschen kann. Olaf Didolff sieht aus wie die männliche Ausgabe von Big-Brother-Jona, lächelt genauso schüchtern und wirkt gar nicht wie einer, der sich dem Motto „Stop For Nothing“ verschrieben hat. Und es gleich noch als Titel für das Debüt seiner Band Chester gewählt hat. Wer ihn allerdings besonnen bis leidenschaftlich über seine Zukunftspläne sprechen hört, merkt: Olaf Didolff weiß genau, was er will, und er hat eine exakte Vorstellung davon, wie er es kriegen kann. Und wo. Eigentlich kommen Chester aus Köln, aber in der heimischen Musikszene fühlten sie sich nie zu Hause. „Ich bin nun mal mit angloamerikanischer Musik aufgewachsen. Die Stones, Beatles oder Byrds haben uns beeinflusst, und sehr wichtig war uns immer der Soul, aber mit deutschen Bands hatten wir nie viel am Hut.“

Im April zog das Quartett die Konsequenzen und mietete sich ein kleines Haus in London. Dort ist es nicht gerade gemütlich, dafür teuer, aber eins muss man Chester lassen: So leicht lassen die sich nicht einschüchtern. Olaf gefällt es jedenfalls gut in der Kommune: „Wir müssen uns zwar mit shitty day Jobs wie Marktforschung herumschlagen, aber wir bekommen viel mehr mit. In London gehört Musik eben zum Alltag.“

In England hatten Chester erstaunlicherweise auch nie Probleme, Gigs zu bekommen. Ihre Strategie fiel dort auf fruchtbaren Boden: erst mit ein paar Singles Neugier schüren, dann das Debütalbum. Und „Stop For Nothing“

erfüllte immerhin alle Erwartungen, obwohl die Bedingungen für die Aufnahmen „extrem low budget“ waren: Die meisten Lieder wurden in einer alten Halle mit einfachsten Mittel aufgenommen, seine Vocals hat Didolff in der eigenen Wohnung eingesungen. Die Platte hat „ein paar hundert Mark gekostet, nicht mehr“ und hört sich trotzdem einwandfrei an. Chester können grooven und rocken, sind oft funky und manchmal melancholisch, kennen sich auch mit lässigem Pop aus. Und wann kommt nun der große Durchbruch? Olaf ist zuversichtlich: „Das wird schon. Wenn wir nicht ganz fest daran glauben würden, hätten wir unser angenehmes Leben in Deutschland sicher nicht aufgegeben.“

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