The Divine Comedy

Der geniale Romantiker und Songschreiber Neil Hannon legt mit „"Regeneration" endlich ein neues Album vor — und bestätigt seine Reputation als würdiger Scott-Walker-Nachfolger

Die Rezeption von The Divine Comedy wurde in Deutschland stets von bösen Mächten behindert. Während Neil Hannon in England als eloquenter Salonlöwe und bescheidener Ästhet geschätzt wurde, kam die Karriere anderswo überhaupt nicht in Gang. Die ersten beiden Frühwerke, auf dem Label Setanta erschienen, waren gar nicht erhältlich. „Casanova“ erschien 1996 bei Virgin und war ein kapitaler Misserfolg, wenn auch nicht bei der Kritik. Hannon gab hier den Crooner im Stil von Scott Walker, allerdings mit Anleihen bei „Alfie“, dem einst von Michael Caine gespielten Dandy aus den 60er Jahren. „Becoming More Like Alfie“ hieß folglich eine Single, und Hannon trug ein Halstüchlein zur Sonnenbrille und schipperte durch Vfenedig. Trotz opulentesten Arrangements gab es keine Band, bloß Handlanger. Hannon, nicht gerade ein Exponent des damals kurrenten Britpop, avancierte zum schrulligen Genius, von der Presse geliebt für die Kultivierung des Exzentrischen.

„A Short Album About Love „, ein Orchester-Album, wurde hernach im Shepherds Bush Empire aufgenommen. So gewaltig der Aplomp war, so knapp war die Kapazität: Nur sieben Stücke hatte Hannon für den Liebesreigen geschrieben. Soviel sophistkation muss sein. Auch diese Platte starb in Schönheit.

Derweil absolvierte Hannon einige kleine Konzerte in Deutschland, wo die Alben von Divine Comedy an der Garderobe verkauft wurden. Die Band marschierte wie die sieben Zwerge auf die Bühne, kaum ein Musiker überragte Hannon. Obwohl die Bühnenanlage nicht eben grandios wirkte, inszenierte Hannon eine perfekte Show; an der niedrigen Decke kreiselten sogar Sterne. Wahrscheinlich würde der Entertainer auch in einem Brotkasten ein rauschendes Fest der Melodie veranstalten. Auch bei Konzerten von Radiohead war The Divine Comedy 1997 dabei. Das passte zwar ganz gut, und es gab einigen Achtungsapplaus, aber als Anheizer für die Band der Stunde war Hannon dennoch deplatziert. Wäre er doch selbst der Mann der Stunde gewesen!

So wechselte er für „Fin De Siecle“ die Begleitung und setzte plötzlich elektronische Spielereien ein. The Divine Comedy goes Disco! „Generation Sex“ und „National Express“ hatten immerhin den gewohnten Schmiss, aber auch „I’ve Been To A Marvellous Party“ ein Beitrag zu einem Noel-Coward-Tribut – donnerte im Techno-Korsett. Dabei ist kein Popmusiker näher an dem Plauderkünstler Coward als Hannon, dem es stets um Eleganz, Liebe und Kontemplation geht „A Secret History“ fasste 1999 Hannons Ästhetik zusammen – eine verfrühte Bilanz des 30-Jährigen, der schon vollendet wirkte und endlich den Abschied von seinem untermotorisierten Label nahm. Frühe Meisterstücke wie „our Daddy’s Car“ und „The Summerhouse“ beschworen noch einmal die vergangene Grandezza.

„Regeneration“, das neue Album, zeigt The Divine Comedy einerseits tatsächlich in alter Form, ist aber andererseits versponnener und getragener denn je. Der Pop-Song ist zu wenig – es muss großes Drama sein (oder Operette, wenn das kein Schimpfwort wäre). Und auch diese wunderbar ausladende Schwelgerei wird auf die Bühne gestemmt. Ohne Schweiß.

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